Die Chancen in der bAV werden enorm sein
19.02.2020
Foto: © Altstadtstudio Fotografie Mundzeck
finanzwelt: Was kann man denn stattdessen besser machen? Steinhart: So ein Modell brächte einen Makler in eine Beratungsfalle: ‚Bis zu diesem Einkommen kannst du, lieber Arbeitgeber, diesen 40-Euro-Vertrag ratierlich bekommen. Also keine Upfront-Provision. Den Rest würde ich gern mit Provision machen.‘ Da fragt sich der Arbeitgeber, warum wir nicht alles ratierlich machen? Das ist doch gut für den Kunden? Dann würde ich dem Berater wieder eine Einkommensmöglichkeit wegnehmen, die ihm jetzt ermöglicht, das Geschäft lukrativ zu machen. Berndt: Das sehe ich kritisch. Wenn wir das so der Politik erzählen, dann haben wir uns alle einen Bärendienst erwiesen. Wir bei der Stuttgarter machen es anders und wir machen damit positive Erfahrungen. Es ist an sich richtig, was Sie gesagt haben: Es gibt keine Dynamisierung der Geringverdiener-Grenze. Deswegen können die Arbeitnehmer sozusagen herauswachsen und die Förderung nicht mehr erhalten. Wir haben sehr positive Erfahrungen damit gemacht, dem Arbeitgeber zu erklären, warum er deshalb eine entsprechende Zusage am besten für alle Mitarbeiter macht. Damit bekommen wir dann die gesamte Belegschaft und nicht nur die Geringverdiener. Außerdem ist es unter Umständen auch arbeitsrechtlich ein Problem, zu differenzieren. Bei der steuerlichen Förderung sollte man gemäß Arbeitsrecht alle gleich behandeln. Wenn ich die gesamte Belegschaft habe, habe ich ja auch eine Mischfinanzierung. Auch, was die Vergütung für den Makler angeht. Die andere Diskussion zu führen, in der Hoffnung, es werde sich etwas verändern, ist gefährlich. Damit gerieten wir möglicherweise wieder in eine Diskussion über Vergütung, die nicht zielführend ist. Rehfeldt: Es ist ganz wichtig, auf den Arbeitgeber zugehen zu können und die Gesamtbelegschaft zu bekommen. Denn erstens sehe ich es auch so, dass der Personenkreis, für den das infrage kommt, doch relativ groß ist. Und ich habe den moralischen Effekt. Ich kann den Arbeitgeber ansprechen und wenn er jetzt tatsächlich nur die 50 % weitergibt und auf seine 40 Euro, die er zahlt, 60 % Förderung kriegt, liegen wir bei einem Nettoaufwand von unter 10 Euro nach Betriebsausgabenabzug. Da kann mir keiner sagen, dass der Arbeitgeber nicht bereit ist, das zu zahlen, wenn man ihn ordentlich berät und ihm erklärt, dass seine Leute dann die Möglichkeit haben, eine ordentliche Altersversorgung zu bekommen.
finanzwelt: Welchen Stellenwert hat denn für Sie die betriebliche Altersvorsorge bei der Bekämpfung der Altersarmut? Wie stark sehen Sie da den Anteil? Berndt: Ich glaube persönlich, dass die bAV in Zukunft die entscheidende stützende Säule zur Ergänzung der gRV sein wird – quasi als Standardversorgung. Dann wird es noch für die Einkommensstarken, wie auch immer man sie definiert, die Schicht drei geben. Aber der Kern wird im Bereich bAV ablaufen, sicher auch in Kombination mit Riester, damit man es optimieren kann. Aus meiner Sicht ist dieser Weg klar vorgezeichnet. Hanssmann: Wer bei der bAV ganz außen vor gelassen wird, das sind die Ein-Mann-Selbstständigen. Das sehe ich sehr kritisch. Ich bin grundsätzlich kein Freund der Pflichtversicherung, aber in diesem Fall wäre eine irgendwie geartete Pflicht schon sinnvoll. Natürlich muss der Selbstständige die Wahl haben zwischen gesetzlich und privat. Diese Ein-Mann-Betriebe wie z. B. Taxifahrer sorgen häufig überhaupt nicht vor und müssen dann irgendwann vom Sozialstaat aufgefangen werden. Da wäre eine obligatorische Vorsorge sowohl für den Einzelnen als auch für die Solidargemeinschaft sinnvoll. Das wird keine bAV sein. Das könnte aber Riester sein, Dritte Schicht oder ein vollkommen neues Produkt. Auf jeden Fall müsste der Solo-Selbstständige nachweisen, dass er vorsorgt.
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