Und dann kommt der Sachverständige

20.12.2022

Hermann Hübner Vorstand VEMA Versicherungsmakler Genossenschaft eG, Konrad Hahn Geschäftsführer gvp Gesellschaft für Versicherungsprüfung mbH, Michael Stock Vertriebsleiter andsafe Aktiengesellschaft / Foto: © Finanzwelt

finanzwelt: Was kann ein Makler für seinen Kunden im Schaden tun, um die Abwicklung zu beschleunigen? Hahn» Wir werden vom Kunden oft angesprochen, warum das denn so lange dauert. Aber das haben wir nicht immer in unserer Hand, oft muss man sich auch die Zeit nehmen, wenn es ggf. gerade viele Schadensfälle gibt. Wir haben die verschiedensten Fälle, dass ein Kunde, wenn die Feuerwehr noch auf dem Sägewerk beim Löschen ist, schon den Makler einschaltet. Oder im anderen Extrem, weil er die Rückfragen der Versicherer nicht beantworten kann, erst nach einigen Monaten den Makler kontaktiert. Es passiert auch, dass ein Kunde mit seiner Versicherung direkt verhandelt hat, er aber unzufrieden mit dem Ergebnis ist, so dass wir dann doch noch gefragt werden. Man muss da schon aufpassen, weil es da auch Schlitzohren gibt. Wir schauen drauf, wenn der Kunde das Angebot der Schadensregulierung bekommt, dass auch alles korrekt für ihn gelaufen ist. Wir helfen auch dabei, die notwendigen Nachweise zu erbringen, Rechnungen über Instandsetzung oder Neubau etc. Und da muss man schon gut aufgestellt sein.

finanzwelt: Wie sieht es mit dem Verhältnis Großschäden und normale Schäden aus? Wie oft muss ich mich als Makler damit auseinandersetzen? Hübner» Schäden ist Tagesgeschäft. Die Frage ist, wo beginnt der Großschaden. Der Ärger kann schon mit Schäden ab 500 Euro beginnen. Von daher ist es schwer zu definieren, was sind komplexe Schäden. Auch ein kleinerer Schaden von 5.000 Euro kann richtig aufwendig werden.

Stock» Als Versicherer stellt sich ja zunächst die Frage, ob man überhaupt einen Vermittler dazwischen hat. Oft läuft die Abwicklung deutlich besser, wenn noch ein Makler dazwischen ist, weil der die Dinge besser versteht und zwischen Kunde und Versicherungsunternehmen vermitteln kann. Wenn man direkt mit dem Kunden kommuniziert, kann es bereits zu Komplikationen kommen, weil durch fehlende Expertise eine falsche Erwartungshaltung entsteht. Auf Deine Frage, Lenard: Wir sind jetzt drei Jahre im Geschäft und hatten bisher ein Großschadenereignis. In der Schadensabwicklung unterstützen uns erfahrene Dienstleister und wir greifen bei Bedarf auch auf unseren Mut- terkonzern zurück. Je komplexer und größer die Schäden werden, desto sensibler muss damit umgegangen werden. Hier ist eine sach- und auch kundengerechte Abwicklung unabdingbar. Dies kann für ein junges, digitales Start-up eine echte Herausforderung darstellen. Daher greifen wir auf erfahrene Profis zurück.

Hahn» Mir ist es lieber, ich habe den Versicherer direkt am Tisch, als Dienstleister. Wenn deren Schadensregulierer eine Zusage vor Ort machen, dann gilt die auch. Dienstleister haben meist keinen oder nur wenig Verhandlungsspielraum. Das erschwert und verzögert unnötig die Regulierung. In dem Zusammenhang würde mich mal Ihre Erfahrung mit Ihrem externen Regulierer aus der Schweiz interessieren

Stock» Das ist ein alteingesessener Schadensregulierer. Die haben namhafte Versicherer schon viele Jahren betreut. Wir haben gute Erfahrungen mit denen gemacht. Auch wenn es mal etwas länger dauert. Entscheidend ist der Umgang mit dem Kunden und dass der Schaden grundsätzlich mit einer positiven Regulierung für den Kunden abgewickelt werden kann. Für uns war das ganz wichtig, da es hier durchaus nachvollziehbare Vorbehalte gegen junge Versicherungsunternehmen gibt. Günstig und schnell können sie, eine professionelle Schadenabwicklung wird jedoch gerne mal angezweifelt. Als Start-up können wir sicherlich noch einiges verbessern. Im Rahmen der Schadensabwicklung fallen jedoch keine negativen Vorgänge auf. Darauf sind wir stolz.

finanzwelt: Hat man als Makler, Pool oder Verbund einen gewissen Einfluss darauf, dass eine Schadensabwicklung eher zugunsten des Kunden getätigt wird? Kann der Verband, Pool oder Makler sein vertriebliches Gewicht in die Waagschale werfen? Hübner» Kulanzzahlungen, d. h., dass ein Versicherer einen klar unversicherten Schaden reguliert, gibt es in der Praxis nicht mehr. Etwas anderes ist es mit Vergleichen. Die Welt ist nicht schwarzweiß. Da kann man für seine Kunden gut mit den Versicherern verhandeln. Wichtig aber auch hier, dass die Deckung beim Versicherer stimmt. Hier spielen wir Makler schon eine Vermittlerrolle. Der Versicherer wird aber niemals einen nicht versicherten Schaden bezahlen.

Hahn» Für uns ist das auch klar. Wir reden auch schon mal über eine kaufmännische Lösung mit dem Versicherer. Der will ja seine Kunden auch nicht verprellen. Aber einen nicht versicherten Schaden zu regulieren geht nicht.

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