Digitales Marketing im Zeitalter von DSGVO und ePrivacy

05.03.2020

Timo von Focht, Country Manager DACH, Commanders Act / Foto: © Commanders Act

Die Folgen des EuGH-Urteils sind für Online Marketing Manager denkbar vielfältig:

Einschränkung für das Performance-Marketing

Besonders Performance-Marketing-Verantwortliche sind stark gefordert: Sie sind es, die mit personenbeziehbaren Daten in Echtzeit umgehen müssen. Sie sitzen auf einem riesigen Datenschatz, den sie in Zukunft so nicht mehr nutzen können, wenn sie jetzt nicht gegensteuern. Hinzu kommen die Performance-Algorithmen für beispielsweise das Real-Time-Bidding oder Adwords, die auf Cookies basieren. Damit entfällt bei einem Opt-Out der Nutzer die Datengrundlage für viele Targeting-Strategien oder ist zumindest stark eingeschränkt. Die Anreicherung von eigenen First-Party-Daten mit Third-Party-Informationen (wie Kaufverhalten auf anderen Seiten, oder Interaktionen mit bestimmten Inhalten) wird durch die Consent-Erfordernis im Voraus sehr erschwert. Im Performancemarketing beruhen die meisten Aktionen aber auf genau diesen Daten, was die Verknüpfung unterschiedlicher Datentöpfe erschwert. Alle Betroffenenrechte haben Auswirkung auf die IT-Architektur, wobei Opt-outs (und hier speziell Tracking-Opt-outs) und Löschanfragen zeitkritisch sind. Je kürzer dabei die Reaktionszeit, desto näher müssen die Daten toolseitig auch am Kunden und ich Echtzeit verfügbar und änderbar sein.

Langfristige Speicherung personenbezogener Daten

Es gibt Systeme, die langfristig mit Daten arbeiten, insbesondere in den Bereichen Business Intelligence, Data Warehouse und Machine-Learning. In vielen Fällen ermöglichen große Zeiträume bessere Vergleiche, Scorings und ähnliche Verfahren. Dabei werden historische Daten ausgewertet, um Ableitungen für die Zukunft treffen zu können. Im Marketing ist das zum Beispiel die Interaktion mit Kampagnen und Kanälen, Kaufhistorien, Nutzerinteressen, Kundenstatus oder Cross-Device-Informationen. All das benötigt die Speicherung von personenbeziehbaren Daten über einen längeren Zeitraum.

Besonders Online-Händler, Versicherungen oder Banken sind von solchen Daten in großem Maße abhängig. Firmen, die heute Nutzer-Consent nicht sauber erfassen, kann es passieren, dass sie alle Datensätze, die mit Nutzerdaten zusammenhängen und seit dem Inkrafttreten der DSGVO am 28.5.2018 ohne vorherige Einwilligung gespeichert wurden, zukünftig löschen müssen. Ist es also ratsam, den Nutzerconsent nachträglich für diese Daten einzuholen? Falls die Nutzer die Zustimmung dabei verweigern, kann das auch sehr negative Folgen für das Geschäft haben. Auf der anderen Seite steht das (noch gefühlt überschaubare) aber immer größer werdende Risiko einer DSGVO-Strafe (zwei bis vier Prozent vom gesamten Umsatz des Unternehmens oder 20 Millionen Euro).

Verlust der Datenbasis

Die explizite Consent-Erfordernis wird in vielen Fällen große Löcher in die Tracking-Daten reißen, da nur ein kleiner Prozentsatz der Nutzer bereit ist, ein aktives, explizites Opt-In zu geben. Im Einzelfall kann es sogar dazu kommen, dass mehr als 90 Prozent der Nutzer sich fürs Opt-Out entscheiden. Dann können eventuell nur noch Algorithmen bzw. Hochrechnungen dabei helfen, diese Löcher in den Datensätzen einigermaßen zu stopfen. Für den Marketingmanager bedeutet dies zusätzlichen Aufwand sowie sehr ungenaue Daten. Der Traum vom 360-Grad-Blick auf den Kunden für die personalisierte, individuelle Aussteuerung von Kampagnen und Inhalten sowie auf KI-basierter Kampagnensteuerung ist dann schnell ausgeträumt.

Wie eine kanalübergreifende Personalisierung möglich ist, lesen Sie auf Seite 3

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