Sachwerte gehören ins Portfolio
16.06.2021
(v.l.n.r) Rauno Gierig, Chief Sales Officer der Verifort Capital Group GmbH, Herbert Behr, Vorstand der GOLDEN GATES AG und Malte Thies, Geschäftsführer der ONE Group GmbH / Foto: © Sabrina Henkel
finanzwelt: Wie sieht es denn im Immobilienbereich aus. Das sind ja aktuell rosige Zeiten, oder? Gierig» Ich glaube, dass sich der Immobilienmarkt ein bisschen sortiert hat. Immobilien waren schon vor COVID-19 eine interessante Anlageklasse. Aber es war ja unvorstellbar, dass Immobilien überhaupt angreifbar sind. Bestimmte Immobilienklassen haben vielleicht an Wert gewonnen, aber bei Hotel und Büroimmobilien bleibt die Frage, wie es weitergeht. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man auch bei Investitionen in Immobilien diversifiziert. Thies» Es gab im Wohnimmobilienbereich keinen negativen Impact. Wohnen ist und bleibt ein Grundbedürfnis. Durch den Homeoffice-Trend steigt der Wohnflächenbedarf je Haushalt sogar zusätzlich. Generell sind sowohl fundamental betrachtet, aber auch von der Anlegernachfrage her Wohnimmobilien der Krisengewinner. Wir bei der ONE GROUP haben einen weiteren Vorteil: Wir stellen dringend benötigten Wohnungsbauvorhaben alternative Finanzierungsmittel zur Verfügung. In der Corona-Krise hat sich die Kreditvergabepraxis der Banken noch restriktiver gestaltet. Die Institute mussten teilweise Risikovorsorge im Kreditbuch erhöhen. In der Folge können Bauvorhaben nicht mehr wie gewohnt finanziert werden. Daher ist die Nachfrage nach alternativen Finanzierungen in der Pandemie zusätzlich gewachsen, wovon wir mit unserer ProReal-Serie profitieren. Gierig» Immobilien haben rosige Zeiten. Der Immobilienmarkt ist komplex, von der Beschaffung bis zum Verkauf. Aber die Rahmenbedingungen sind weiterhin interessant. Wichtig ist sicherlich die Zinsentwicklung. Wir sehen aber auch auf der einen Seite als Anbieter, dass wir gerade im AIF-Bereich sehr transparent sein müssen und auch die Erwartungen gegenüber der Kalkulation bieten. Wir haben unseren Fonds vor Corona aufgelegt, durch die Pandemie haben sich die Einkaufsfaktoren dann ganz anders entwickelt. Aber ich bin froh, dass wir keine großen Fonds haben, sonst sind die Einkaufsfaktoren weg, was dann die Kalkulation verhagelt. Thies» Ja, es sind rosige Zeiten. Aber die Investitionssicherheit wird immer wichtiger. Investitionsideen kann heutzutage jeder präsentieren, aber man braucht auch die werthaltigen Assets bzw. den Zugang hierzu. Hieraus sollen Mehrwerte für Investoren generiert werden. Das ist für die gesamte Sachwertbranche eine riesige Herausforderung. Bei gesunkenen Einstiegsrenditen müssen die wenigen renditestarken Investitionen selektiert und akquiriert werden. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum es derzeit weniger Angebote gibt. Ich sehe aber auch potenzielle negative Einflüsse für die Sachwertbranche, z. B. bei einem generellen Verbot von Blindpools. Das würde in meinen Augen zu weniger Angebotsvielfalt und Produkten mit hohen Klumpenrisiken führen.
finanzwelt: Verantwortlich für den Run auf Immobilien ist natürlich unter anderem auch die Zinspolitik. Durch günstige Finanzierungen lohnen sich viele Immobilieninvestments schnell. Direktinvestoren von Immobilien wird das freuen, aber auch indirekt profitieren Immobilienfonds durch die bessere FK-Hebelung, oder? Gierig» Definitiv. Wobei wir aus regulatorischen Gründen nicht über den maximalen Hebel von 60 % beim AIF gehen dürfen. Wir hebeln mit maximal 50 %. Man sieht schon in der deutschen Mentalität, dass ein Kredit immer noch als etwas Negatives gesehen wird. Da muss man auch ein bisschen für Aufklärung sorgen. Ich mache mir Sorgen um die niedrigen Zinsen im Moment. Die EZB hält zwar dagegen, aber der politische Druck ist schon extrem. Im Endeffekt zahlen breite Schichten mit ihrer eigenen Altersvorsorge dafür, das politische System Europas zu bewahren. Behr» Wie wollen die Staaten sonst auch von ihren Schulden runterkommen? Die müssen sie am Ende des Tages weginflationieren. Das ist natürlich ein Auftrieb für die Immobilienbranche und für unsere Edelmetalle genauso. Thies» Ich habe auch das Gefühl, dass dieser Inflationsvorteil, der früher der Sachwertbranche zugeschrieben wurde, weniger der Antrieb für Investoren ist. Die meisten Kunden denken anleiheähnlich, also zinsorientiert. Früher war es spannend, sich nach Zinsalternativen umzuschauen. In Zeiten des Negativzinses ist es alternativlos. Die Zurückhaltung der Banken gerade im Bereich kurzfristiger Wohnungsbauprojektentwicklungen bietet hier eine große Chance.
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