Klaus G. Leyh zum Koalitionsvertrag

11.04.2025

Foto: Klaus G. Leyh, Vorstand des Ressorts Personenversicherung im Konzern Versicherungskammer. © Konzern Versicherungskammer

Weichenstellung für ein nachhaltiges und modernes Gesundheitssystem und eine zukunftsfähige Altersvorsorge: Eine Stellungnahme von Klaus G. Leyh, Vorstand des Ressorts Personenversicherung im Konzern Versicherungskammer zum Koalitionsvertrag.

"Es ist erfreulich, dass die dringendsten Reformen im Gesundheits- und Pflegesystem sowie in der Altersvorsorge angegangen werden sollen. Die von den geplanten Kommissionen zur Stabilisierung der Finanzlage in der Kranken- und Pflegeversicherung zu erarbeitende Vorschläge sind von zentraler Bedeutung für die zukünftige Qualität des Gesundheitswesens. Insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung ist es entscheidend, dass die junge Generation vor den hohen Pflegekosten bewahrt wird, die zu erwarten sind, wenn die Babyboomer-Generation ins pflegebedürftige Alter kommt. Die Private Krankenversicherung wird diesen Reformprozess mit vollem Einsatz und durchdachten Vorschlägen begleiten – dabei kann die Koalition auf die bewährte Expertise der PKV bei der nachhaltigen und demografiesicheren Finanzierung vertrauen. Wir stehen bereit, unsere Erfahrung einzubringen, um beispielsweise die Pflegevorsorge mit kapitalgedeckten Modellen zu fördern, um langfristige Finanzierungslücken zu schließen.

Da mit den Ergebnissen der geplanten Kommission zur Stabilisierung der GKV-Beitragssätze allerdings erst in 2027 zu rechnen ist, wird der Kostendruck auf die GKV wachsen und weitere Beitragssteigerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach sich ziehen. Es ist – gerade im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland – essentiell, hier frühzeitig wirkungsvolle kostendämpfende und damit beitragssatzstabilisierende Maßnahmen zu ergreifen.

Was wir leider im Koalitionsvertrag vermissen, sind konkrete Maßnahmen für die Versicherten in der Privaten Krankenversicherung:

  • Mehr Prävention für Alle - unabhängig vom Versichertenstatus: Es ist unerlässlich, dass Präventionsstrategien für alle Versicherten unabhängig vom Versicherungsstatus gleichermaßen zugänglich sind. Um effiziente Präventionsmaßnahmen für ihre Versicherten zu implementieren, benötigt die PKV die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten wie die GKV.
  • Digitalisierung und Datennutzung: Faire Wettbewerbsbedingungen in der Digitalisierung sind erforderlich. Die PKV benötigt auch hier die gleichen Möglichkeiten zur datengestützten Erkennung von Gesundheitsrisiken und patientenorientierten Interaktion wie die GKV (§ 25 b SGB V). Zudem sollten die Vorteile der elektronischen Patientenakte gleichermaßen PKV- und GKV-Versicherten zugutekommen.
  • Zudem ist die rasche Umsetzung eines modernen Gebührenverzeichnisses Grundlage für eine faire und transparente Vergütung mit einer deutlichen Stärkung der sprechenden Medizin und damit der Patientenzuwendung. Eine zwischen der Bundesärztekammer und der PKV geeinigte reformierte GOÄ sollte zeitnah umgesetzt werden.

Wir begrüßen, dass im Bereich der Altersvorsorge zentrale Themen Einzug in den Koalitionsvertrag gefunden haben.

Erfreulich ist insbesondere die angekündigte Förderung der betrieblichen Altersversorgung, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, sowie der angestrebte Bürokratieabbau.

In vielen Punkten bleibt der Koalitionsvertrag jedoch vage. Entscheidend wird sein, wie die Vorhaben in der Gesetzgebung konkret ausgestaltet werden.

Aus unserer Sicht sind dabei folgende Punkte maßgeblich:

  • Die Einführung einer Frühstartrente ist grundsätzlich zu begrüßen. Die vorgesehene Depotlösung mit Kapitalauszahlung zum Rentenbeginn halten wir jedoch für den falschen Weg. Stattdessen sollte die Frühstartrente analog zur Basisrente gestaltet werden – mit verpflichtender Altersrente statt Kapitalauszahlung. Nur so kann gewährleistet werden, dass das angesparte Kapital auch tatsächlich der Altersabsicherung dient und nicht vorzeitig konsumiert wird.
  • Die geplante Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT) gefährdet die Renditen von Altersvorsorgeprodukten wie Lebensversicherungen oder Pensionsfonds. Diese Produkte bilden für Millionen Menschen das Rückgrat der privaten Altersvorsorge. Höhere Transaktionskosten würden direkt die Endkunden belasten und die langfristige finanzielle Sicherheit im Alter untergraben. Eine Ausnahmeregelung für Altersvorsorgeprodukte ist daher unerlässlich.
  • Die angestrebte Erhöhung der Tarifbindung darf nicht zu einer Einschränkung betrieblicher Vorsorgemodelle führen. Gerade bei Geringverdienenden und in kleinen Unternehmen braucht es flexible, passgenaue Lösungen – keine zusätzliche Regulierung. Eine stärkere Tarifbindung darf nicht zur Verdrängung bewährter, individueller Modelle führen.
  • Steuerliche Anreize für längeres Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus sind ausdrücklich zu begrüßen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung und stärken die individuelle Vorsorge.
  • Die Einbeziehung neuer Selbstständiger in die gesetzliche Rentenversicherung mit der Möglichkeit alternativer Vorsorgeformen ist ein richtiger Schritt. Voraussetzung ist jedoch, dass auch privat organisierte, kapitalgedeckte Vorsorgelösungen – wie etwa die BasisRente – als gleichwertige Absicherung anerkannt und akzeptiert werden.
  • Die geplante Riester-Reform ist überfällig und grundsätzlich positiv zu bewerten. Der angekündigte Bürokratieabbau darf jedoch kein bloßes Lippenbekenntnis bleiben. Notwendig ist ein schlankes, transparentes Verfahren, das sowohl Anbieter als auch Sparer entlastet und wieder Vertrauen in die staatlich geförderte private Altersvorsorge schafft.

Wir sind bereit, aktiv mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten, um ein Gesundheits- und Vorsorgesystem zu gestalten, das auf Effizienz, Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit basiert. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte erfolgreich bewältigen und ein System schaffen, das für alle Generationen gut funktioniert."

Eine Stellungnahme von Klaus G. Leyh, Vorstand des Ressorts Personenversicherung im Konzern Versicherungskammer