Selbstständigkeit unter Druck

09.04.2025

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Die Zahl der Selbstständigen in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren um 14 Prozent gesunken, die Gründungszahlen sogar um rund 20 Prozent. Dieser doppelte Rückgang verdeutlicht eine alarmierende Entwicklung: Unternehmerisches Engagement verliert zunehmend an Boden – mit spürbaren Konsequenzen für die Innovationskraft, die Wettbewerbsfähigkeit und das wirtschaftliche Wachstum Deutschlands.

Wenn immer weniger Menschen ein Unternehmen gründen oder sich selbstständig machen, fehlt es nicht nur an Ideenvielfalt und wirtschaftlicher Dynamik, sondern auch an stabilen Säulen für Beschäftigung, Wertschöpfung und die langfristige Zukunftssicherung des Landes.

Um auf diese besorgniserregenden Entwicklungen aufmerksam zu machen und Lösungsansätze zu präsentieren, hat sich eine Allianz von Wirtschaftsverbänden gebildet, die gemeinsam über eine Million Selbstständige in Deutschland repräsentiert. Inmitten der aktuellen Koalitionsverhandlungen hat diese Allianz den direkten Dialog mit den Koalitionären aus CDU/CSU und SPD gesucht.

Aus diesem Grund fand heute ein parlamentarisches Frühstück in der parlamentarischen Gesellschaft in Berlin statt, bei dem sich Vertreter der Wirtschaftsverbände mit den Verhandlungsparteien über ihre Forderungen austauschten. Ziel des Treffens war es, die Anliegen der Selbstständigen in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen und notwendige Reformen anzustoßen. Unter den politischen Gästen befanden sich unter anderem Gitta Connemann und Dr. Carsten Brodesser.

Die gemeinsamen Forderungen der Wirtschaftsverbände

Die Allianz fordert dringend eine Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Selbstständige. Die Kernforderungen, die aktuell in einem gemeinschaftlichen Positionspapier zusammengetragen wurden, umfassen:

  • Altersvorsorgepflicht: Gründerinnen und Gründer sollten mindestens drei Jahre von der Pflicht zur Altersvorsorge ausgenommen bleiben, um den unternehmerischen Start zu erleichtern.
  • GKV-Beiträge: Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sollten einkommensbezogen erhoben werden, um eine Überlastung in der kritischen Gründungsphase – aktuell bis zu 60 Prozent der Einnahmen – zu vermeiden.
  • Sozialbeiträge: Eine gleichberechtigte Beitragsbemessung ist notwendig, um die derzeit um 20 Prozent höhere Belastung von Selbstständigen im Vergleich zu Arbeitnehmern zu beseitigen.
  • Mutterschutz für Selbstständige: Ein nachhaltig finanziertes und praktikables Modell muss sicherstellen, dass selbstständige Frauen nicht benachteiligt werden, wenn Auftraggeber vor und nach der Geburt wegfallen.
  • Definition von Selbstständigkeit: Eine starre Definition mittels Positivkriterien wird abgelehnt, da sie den vielfältigen Branchen und Tätigkeiten nicht gerecht wird.
  • Existenzgründungsstrategie: Eine ganzheitliche Strategie zur Förderung aller Gründungsformen ist essenziell – für wirtschaftliches Wachstum, Infrastruktur und Arbeitsplätze.
  • Existenzförderungsgesetz (ExistföG): Neben dem ERP-Gründerkredit und dem EXIST-Gründerstipendium fordern die Verbände eine dritte Säule zur finanziellen Absicherung in der kritischen Startphase.

Die Verbände appellieren an die politischen Entscheidungsträger, die Rahmenbedingungen für Selbstständige und Gründerinnen sowie Gründer deutlich zu verbessern. Ohne ein starkes Unternehmertum und eine lebendige Gründungskultur droht Deutschland Innovationskraft und wirtschaftliche Stabilität einzubüßen. Eine zeitnahe Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen ist daher essenziell, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen und das Unternehmertum nachhaltig zu stärken. (mho)