„Visa im Blut – Willkommen im Zeitalter des Mikroplastik!“

09.10.2024

Dr. Marlene Waske, Ethik-Analystin Arete / Foto: © Ethik Invest AG

Die United Nations Principles for Responsible Investment (UN-PRI) empfehlen darüber hinaus, dass Investoren sich im Rahmen ihrer Engagement Aktivitäten mit dem Thema Plastik befassen sollten. Eigens dafür wurden Leitlinien erstellt, die sich auf vier Sektoren in der Wertschöpfungskette für Kunststoffverpackungen konzentrieren². Gerade in den Branchen, deren Produkte und Prozesse einen besonders hohen Anteil an Plastik freisetzen (Autoreifen, Kleidung, Folien in der Landwirtschaft, Öl und Gas, Chemie, Verpackung, Nahrungsmittel/Getränke, Kosmetik), kommt hier mit einem durchdachten Engagement eine besondere Bedeutung zu.

Transparenz einfordern

Als Investor Transparenz von Datenanbietern und Unternehmen einzufordern, in die man investiert ist, ist auch deshalb enorm wichtig, weil die Datenbasis zum Thema Plastik immer noch dünn ist³. Es empfiehlt sich, bei der Lektüre von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten auf Schlagworte wie Lebenszyklusanalyse, Zirkuläre Wirtschaft, rezyklierte Kunststoffe, Extended Producer Responsibility oder Product Stewardship zu achten. Auch wenn man kaum ein perfektes, plastikfreies Unternehmen finden wird – Sensibilität für und Transparenz zu diesen Themen zu schaffen und einzufordern, ist der erste Schritt in die richtige Richtung.

Was tut Arete?

Waren Sie in den letzten Jahren im Meer schwimmen und haben kein Plastik dort gesehen? Dann muss man Ihnen gratulieren! Seit dem Jahr 2018 sammeln Freiwillige jährlich an Stränden, auf dem Land und im urbanen Raum weltweit Plastikmüll ein und werten ihn nach Art und Hersteller aus. Seit 2018 befinden sich in jedem Jahr Coca-Cola, Pepsico und Nestlé unter den Top 5 der Plastikverschmutzer, die die Break Free From Plastic (BFFP) Initiative bei diesen jährlichen Erhebungen feststellt. Und das ist nur die Spitze des Eisberges: lediglich 56 Unternehmen sind demnach für die Hälfte des globalen Plastikmülls verantwortlich.

Investmentethik seit bald 30 Jahren

Arete Ethik Invest arbeitet bereits seit 1995 mit einem eigens entwickelten und stetig aktualisiertem Bewertungsverfahren, um aus ethischer Perspektive verantwortungsbewusste Unternehmen zu identifizieren. Unsere strengen Ausschlusskriterien sorgen dafür, dass die allergrößten Plastiksünder nicht in das Anlageuniversum aufgenommen werden. Coca-Cola wurde bereits bei erstmaliger Betrachtung ausgeschlossen, u. a. wegen gesundheitlicher Auswirkungen der Hauptmarke, Menschenrechtsverletzungen und Land-Grabbing. Der Mitbewerber Pepsico hat es noch nicht einmal in die Analyse geschafft. Und auch Nestlé konnte das Ethik-Komitee nicht überzeugen und wurde kontinuierlich abgelehnt, u. a. wegen dem Aufkauf von Wasserquellen und fragwürdiger Ersatzprodukte für Muttermilch.

Vernunftgeleitetes Abwägen und holistische Perspektive

Die Begründungen, die zum Ausschluss dieser und anderer Unternehmen führten, sind mit dem Thema Mikroplastik allenfalls am Rande verwandt. Und bis heute haben wir kein Einzelkriterium „Mikroplastik“ in die Analyse aufgenommen. Klingt wenig überzeugend, oder? Die schlechte Nachricht ist, dass die Datenlage zum Thema nach wie vor sehr überschaubar ist. Der Datenpunkt „Strategie zur Verringerung mariner Verschmutzung durch Mikroplastik“ unseres Datenanbieters liefert Werte für gerade einmal 9 Unternehmen unseres Anlageuniversums. Für die meisten gilt, dass das Thema entweder nicht relevant ist oder keine Daten vorliegen.

Doch es wäre wohl kaum eine nachhaltige Strategie, auf baldiges Erscheinen von Daten zu hoffen. Arete Ethik Invest setzt in allen Nachhaltigkeitsaspekten auf ein vernunftgeleitetes Abwägen, auf eine holistische Perspektive auf unsere Titel. Wir sind überzeugt, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit ernsthaft praktizieren, auch im Problembereich Mikroplastik auf einem guten Weg unterwegs sind, die Datenanbieter noch nicht messbar machen können. Und dies bestätigt auch die quantitative Analyse: Bewertungen durch Arete und Indikatoren wie Transparenz zu verwendeten Materialien, Verlängerung des Produktlebens, Qualität der Lebenszyklusanalyse und Materialeffizienz der (bereits vorhandenen oder geplanten) Produkte sind positiv korreliert. Sind Unternehmen gut in einem dieser Punkte, sind sie es oft auch in den anderen Aspekten. All diese Punkte können stellvertretend für von der Ellen MacArthur Stiftung genannten Prinzipien stehen: Produkte und Materialien zirkulieren lassen, Abfall vermeiden, Transparent agieren!