Sachwerte sind in diesem Umfeld eine sehr gute Idee

17.12.2014

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finanzwelt: Wie sieht es aus, Pflegeimmobilien zu bauen, lohnt das noch bei den hohen Kosten? Baut Ihr jetzt schon ESG-konform – vor allem E-konform?

Pawils» Die gefragten Standorte für unsere Pflegeimmobilienentwicklungen zu bekommen, ist nicht ganz einfach oder enorm teuer. Denn es ist der Grundstückanteil, der einen wesentlichen Aspekt der Wirtschaftlichkeit ausmacht. Auch wir sind vom Mietenspiegel abhängig. Sprich: Hohe Mieten bedeuten auch hohe Investitionskosten und Belastungen für die späteren Betreiber der Häuser. Hier gilt es, unbedingt auf ein ausgewogenes Verhältnis zu achten. Angesichts der großen gesellschaftlichen Relevanz wären eigens für Pflegeimmobilien ausgewiesene Grundstücke eine gute Lösung – subventioniert und in Ballungszentren, ähnlich wie das im sozialen Wohnungsbau der Fall ist. Diese Idee treiben wir auch voran, aber die Entscheidung liegt natürlich bei der Politik. Die ‚E-Konformität‘ unseres Portfolios hatte ich ja schon angedeutet. Bei unserem gerade fertiggestellten Leuchtturmprojekt – ein innovativer Holzmodul-Hybridbau in der Klimagemeinde Kalbach – reduzieren wir die CO2-Emissionen um 44 % im Vergleich zu Massivbauten dieser Art. Die Learnings aus dem Projekt setzen wir unmittelbar ein, um bundesweit klimafreundliche Pflegeimmobilien in Serie zu realisieren und zu vermarkten.

finanzwelt: Noch mal zur Sicherheit: Ihr sprecht nach wie vor von Kapitalanlageprodukten und nicht von Eigennutzern.

Pawils» Genau. Und unsere Tickets liegen im Durchschnitt um die 200.000 Euro. Wenn man dann 150.000 Euro von der KfW-Bank bekommt, mit einem Zinssatz von um die 1 % und die Restsumme über das Eigenkapital begleicht, wird daraus ein lukratives Investment. Insofern ja, Baukosten sind hoch, Immobilien zu bauen ist in Top-Lagen teuer, aber wir bekommen es so umgesetzt, dass sowohl wir als Entwickler, die Betreiber der Häuser und natürlich die Investoren auf der Endkundenseite wirtschaftlich partizipieren.

Kohle» Zwischenfrage: Bei uns kommt ja sehr oft die Überlegung auf, dass man für Privatimmobilien die Büroflächen umwidmen müsste, ist das im Pflegebereich eventuell möglich? Oder macht das von der Kostenseite überhaupt keinen Sinn? Zumal das natürlich fast ausschließlich innerstädtische Lagen sind.

finanzwelt: Bei den leerstehenden innerstädtischen Lagen passiert das selten. Die Behörden und Kommunalverwaltungen hoffen natürlich, dass das Gewerbe eines Tages wegen der Steuereinnahmen zurückkommt. Das passiert aber nicht, denn wenn der Gewerbesteuersatz so hoch wie z. B. in Berlin ist und die Gemeinden um Berlin herum mit den niedrigsten Steuersatz haben, plus meistens besserer Infrastruktur… Wieso soll das Gewerbe dann zurückkommen? Und einmal mittels B-Plan-Änderung Gewerbe zu Wohnen gemacht, ist das in der Regel kaum umkehrbar.

Pawils» Ich hatte schon erwähnt, dass auch wir bezahlbare Grundstücke in den Innenstädten benötigen. Entscheidend ist, dass zukünftig altersgerechte Wohnformen eine eigene Nutzungsart im Bauplanungsrecht erhalten müssen. Dann müssen entsprechende Flächen in allen Quartieren ausgewiesen werden und definierte Kontingente für seniorengerechten Wohnraum vorbehalten bleiben. Die Realität ist aber eine andere. Uns wurde beispielsweise aus dem Frankfurter Raum ein Grundstück angeboten zu Preisen von über 1.800 Euro pro Quadratmeter. Bei der Größe unserer Häuser mit Grundstücken von 3.000 Quadratmetern aufwärts sind solche Kaufpreise bei den heutigen Pflegesätzen einfach nicht zu realisieren. Das können wir auch durch die konsequente Standardisierung und Optimierung unserer Projekte nicht auffangen. Eine Alternative ist die Erbpacht, wie wir sie von den Kirchen kennen. Das Grundstück bleibt bei der Stadt, wird auf 99 Jahre gepachtet und mit einer Erbpacht-Klausel versehen. So können wir die Immobilie entsprechend unseres Geschäftsmodells im Teileigentum vermarkten. Wir haben damit zum Beispiel in München gute Erfahrungen gemacht.

finanzwelt: Welche Herausforderungen haben Betreiber neben den Pflegesätzen noch zu lösen?

Pawils» Wir stehen im ständigen Austausch mit unseren Partnerbetreibern, die erfolgreich sind und ausreichend Pflegekräfte haben. Grundsätzlich ist es so, dass die Pflegekassen den Betreibern die Kosten auf der Grundlage erstatten, dass die Einrichtungen zu ungefähr 90 % ausgelastet sind. Betreiber müssen daher genügend Pflegekräfte gewinnen, damit sie die Einrichtung voll belegen können. Sonst liegt der Betreiber unter der Auslastungsschwelle, die der Kostenträger zur Refinanzierung berechnet hat und kann kommerziell nicht erfolgreich sein. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Deshalb schaffen wir mit unseren Projekten moderne Einrichtungen mit attraktiven Arbeitsbedingungen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein entscheidendes Plus, und die Standorte funktionieren langfristig sehr gut.

finanzwelt: Welche Auswirkungen hat denn der Markt auf die Vermittler und Makler in der aktuellen Situation?

Kohle» Für den Immobilienbereich haben die Makler und Vermittler definitiv das große Problem, dass die Nachfrage wegbricht. Da wird es mit Sicherheit eine Bereinigung geben. Das wird für uns, den Makler und seinen Kunden von Vorteil sein, wenn er mit uns arbeitet.

Wagner» Ich glaube, es fehlt an qualifizierten Sachwerte-Vermittlern. Es fehlt an Menschen, die sich damit auseinandersetzen. Wir haben Versicherungsmakler, Immobilienmakler. Was fehlt, sind eben Sachwerte-Anlageberater. Diese Lücke in der Beraterlandschaft ist da und es braucht eine spezielle Ausbildung und vielleicht auch eine Zulassung, um Sachwerte kompetent zu vermitteln. Man muss das entsprechende Know-how haben. Im Immobilienmarkt in den letzten Jahren ging es darum, wie komme ich an eine Immobilie – verkaufen kann sie jeder – und auf einmal ist es andersrum. Also, es geht darum, wie kann ich ein Objekt so attraktiv machen – entsprechend muss ich ja auch das Know-how haben. Die finanzielle Bildung fehlt in den breiten Bevölkerungsschichten, die finanzielle Bildung – man sehe es mir nach – fehlt auch in der Beraterlandschaft. Das ist so, ich stelle das immer wieder fest, ich will ja keinem zu nahe treten, das ist sicher auch der Branche geschuldet, dass es da immer sehr einseitig ging mit der Ausbildung: Versicherung, Versicherung, Versicherung! Das, was fehlt, ist, dass wir die andere Seite mehr in den Fokus rücken, weil es gebraucht wird. Die Menschen fragen nach, aber es gibt wenige, die die Lücke füllen können.

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