Rohstoffe: kein genereller Superzyklus, aber selektiv Chancen

03.08.2021

Stefan Breintner, Head of Research & Portfoliomanagement / Foto: © DJE

ESG-Fokus und Ressourcen-Nationalismus

Ein weltweit zunehmender Ressourcen-Nationalismus und ein immer schwieriger werdender Genehmigungsprozess für neue Minen sollten auch in den kommenden Jahren verstärkt Druck auf die Angebotsseite ausüben. ESG-Kriterien werden dabei für die Konzerne immer wichtiger. Wer hier nicht sehr gut positioniert ist, könnte es schwer haben, die Produktion (aufgrund fehlender Genehmigungen) auszuweiten bzw. konstant zu halten. Aus dem Nachhaltigkeitsblickwinkel betrachtet,  ist beispielsweise der diversifizierte Minenkonzern Anglo American sehr gut aufgestellt. Anglo American hat sich zur Verbesserung seines Nachhaltigkeitsrankings jüngst auch endgültig von allen Aktivitäten im (Kraftwerks-)Kohlebereich getrennt und bietet unter den großen diversifizierten Minenkonzernen das beste Wachstumsprofil im Kupferbereich.

Im Vergleich zum Vorjahr stärker wachsen dürfte 2021 die weltweite Goldminenproduktion. Insbesondere das 2. Quartal 2020 war stark von temporären Minenschließungen geprägt, so dass hier die Vergleichsbasis besonders niedrig ist. Prognosen hinsichtlich eines Anstiegs in 2021 auf bis zu 3.700 Tonnen erscheinen aber zu optimistisch. Mittel- bis längerfristig dürfte das Goldangebot aus Minenproduktion vor allem aufgrund des abnehmenden Goldgehalts im Gestein und aufgrund der geringen Goldneufunde in den letzten Jahren strukturell fallen. Auch für die Goldminenkonzerne werden ESG-Kriterien immer wichtiger. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist der weltweit führende Goldkonzern Newmont Mining gut positioniert. Newmont ist im Rohstoffsektor eine der Aktien mit dem besten ESG-Rating und hat zudem eine Pipeline, die eine stabile Produktion bei gleichzeitig fallenden Gesamtkosten ermöglichen sollte.

Gekommen um zu bleiben: inflationäres Umfeld im Rohstoffsektor

Im Trend fallende Kosten dürften im Sektor aber eher die Ausnahme sein. Aufgrund steigender Preise für Energie (Strom, Benzin und vor allem Diesel), Stahl, Mining-Equipment und nachgelagert wohl auch Löhne, ist im Edelmetall- und Rohstoffsektor mit steigenden Kosten zu rechnen. Newmont mit seinem fallenden Gesamtkostenprofil (welches vor allem auf die Projektpipeline zurückzuführen ist) dürfte die Ausnahme darstellen. Bei den meisten Konzernen ist mit einer im Vergleich zu den Vorjahren stärkeren Steigerung der Produktionskosten zu rechnen. Generell entwickeln sich aber wiederum die Rohstoffpreise in Zeiten höherer Inflation meist überdurchschnittlich: Nach jüngsten Berechnungen der Bank of America lag die Korrelation zwischen der Entwicklung der Inflation und der Rohstoffpreise von 1950 bis 2020 bei rund 70 Prozent.

Recycling statt Förderung

Steigende Produktionskosten und Schwierigkeiten, neue Projekte genehmigt zu bekommen bzw. in Betrieb zu nehmen, dürften das Thema Edelmetall- und Rohstoffrecycling in den kommenden Jahren noch wichtiger werden lassen. Mittel- bis längerfristig sollte das Recyclinggeschäft einen zusätzlichen Wachstumsimpuls bekommen, vor allem durch das dann notwendige Recyclen von E-Auto-Batterien.

Komplexe Metallschrotte wiederzuverwerten und zu verarbeiten bzw. E-Autobatterien zu recyclen, ist allerdings ein technologisch hochkomplexer Vorgang, der zudem sehr kapitalintensiv ist – die Einstiegsbarrieren in dieses Geschäft sind folglich sehr hoch. Mit Umicore aus Belgien und Aurubis aus Deutschland haben beim Thema Recycling komplexer Metall- bzw. Elektronikschrotte zwei europäische Unternehmen eine führende Position. Zudem können Recycling-Unternehmen bei ESG-Kriterien punkten: Sie gehören zu den best-bewerteten Unternehmen bei Rating-Agenturen.

Marktkommentar von Stefan Breintner, Head of Research & Portfoliomanagement bei DJE und unter anderem verantwortlich für den DJE Gold & Stabilitätsfonds und den DJE – Gold & Ressourcen