Rohstoffe: kein genereller Superzyklus, aber selektiv Chancen

03.08.2021

Stefan Breintner, Head of Research & Portfoliomanagement / Foto: © DJE

Industriemetalle und andere zyklische Rohstoffe vor neuem Superzyklus?

Deutlich besser als Gold haben sich 2021 Industriemetalle wie Kupfer und Nickel (+26 Prozent bzw. +17 Prozent in USD) oder zyklische Rohstoffe wie Eisenerz entwickelt. Ist das der Beginn des nächsten Superzyklus – oder handelt es sich um einen kürzeren normalen Aufschwung? Der letzte Superzyklus im Rohstoffbereich begann vor gut 20 Jahren, ausgelöst durch die Industrialisierung und an Fahrt gewinnende Urbanisierung Chinas und endete 2011. Heute steht China für rund 50 Prozent der weltweiten Rohstoffnachfrage. Ohne eine hohe bzw. steigende Rohstoffnachfrage Chinas erscheint ein neuer Superzyklus in der Breite unrealistisch.

China hat 2020 zur Bewältigung der Corona-Pandemie stimuliert. Im laufenden Jahr wurden die Stimulierungsmaßnahmen aber wieder zurückgefahren und zudem Maßnahmen getroffen (Auflösung von Metallreserven, Einschränkungen bei spekulativen Terminkäufen), um die Preissteigerungen bei vielen Rohstoffen einzudämmen. Die jüngste Tendenz bei den Industriemetallen ist daher vor allem auf die Bremsmaßnahmen Chinas zurückzuführen. Mittel- bis längerfristig will die chinesische Regierung das Land weg vom auf (staatlichen) Infrastrukturinvestitionen basierenden Wachstumsmodell hin zu einer auf Service- und Konsumdienstleistungen basierenden Volkswirtschaft umbauen. Diese Politik sollte mit einer tendenziell niedrigeren Rohstoffnachfrage einhergehen – was damit auch gegen einen neuen breiten Superzyklus spricht.

Industriemetalle und Klimawende: Kupfer im Aufwind

Dennoch: Für einzelne Rohstoffe ist ein möglicher Superzyklus denkbar. An erster Stelle ist hier das bekannteste Industriemetall Kupfer zu nennen. Binnen der nächsten zehn Jahre wird die weltweite Kupfernachfrage vor allem durch die inzwischen global mehr und mehr in den Fokus rückende Energiewende und die Elektrifizierung des Straßenverkehrs zusätzlich begünstigt. Der Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind oder Solar bzw. der Ausbau eines Ladenetztes für E-Autos geht einher mit einem hohen Kupferbedarf. Hinzu kommt der in Zukunft große Kupferbedarf von E-Autobatterien.

Zusammen genommen sollten diese Bereiche bis 2030 zu einer zusätzlichen Kupfernachfrage von rund drei Millionen Tonnen pro Jahr führen. Bereits in den letzten neun Jahren von 2011 bis 2020 stieg die weltweite Kupfernachfrage um ein Volumen von rund fünf Millionen Tonnen auf 25 Millionen Tonnen in 2020. Die Angebotsseite (hier vor allem die Minenproduktion in Höhe von ca. 20 Millionen Tonnen) konnte mit dieser Entwicklung kaum mithalten.

Mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre war der Markt in fünf Jahren in einem Angebotsdefizit. Diese Situation dürfte – auch angesichts deutlich reduzierter Investitionen der Minengesellschaften in den vergangenen Jahren – in der kommenden Dekade bestehen bleiben. Das spricht für hohe Kupferpreise (aktuell 9.728 $/t) und damit gute Gewinne der führenden Kupferproduzenten. Kupfer ist darüber hinaus – im Gegensatz zu anderen Rohstoffen wie Öl, Holz oder Aluminium – praktisch nicht substituierbar. Kein anderes Material leitet Strom so gut wie Kupfer: Ohne Kupfer wird es weder die angestrebte Klimaneutralität, noch den gewünschten Erfolg von Elektrofahrzeugen (E-Auto enthält ca. die fünffache Menge an Kupfer als ein Verbrenner) geben. In Deutschland ist Aurubis ein weltweit führender Anbieter von NE-Metallen, speziell Kupfer. Auch für Lithium, welches für Batterien- und Stromspeicher essentiell ist, könnte sich ein Superzyklus einstellen.

Warum in Zukunft Druck auf Angebotsseite zu erwarten ist, lesen Sie auf Seite 3