Die Preisspirale rotiert
12.11.2024
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Automobilisten durchleben unruhige Zeiten. Im Mittelpunkt von Klimaschutz und Politik erhalten Fahrzeughalter sehr widersprüchliche Signale. Die Fahrzeugbranche gilt als Umweltstörer Nummer eins sowie als Wohlstandsgarant für den Standort Deutschland. Elektrofahrzeuge sollen den Klimawandel ausbremsen und die Förderung für Neuanschaffungen wird ersatzlos gestrichen. Nach einer Hochpreisphase für Neufahrzeuge liefern sich die Elektrofahrzeughersteller kurze Zeit später heftige Preiskämpfe. Eine Fahrzeuganschaffung entwickelt sich zur kaum planbaren Investition. Anstehende Beitragserhöhungen zum Fahrzeugschutz sorgen für zusätzlichen Zündstoff.
Die Schadenversicherer rutschen in die tiefrote Ergebniszone. Zu den Treibern zählt die Fahrzeugversicherung mit hohen Aufwendungen für Schäden und Verwaltung, welche die Beitragseinnahmen und Kapitalanlageerlöse weit übersteigen. Mittlerweile gelangen die ersten Vermittlerkooperationen auf den Prüfstand und an der Beitragsschraube wird kräftig gedreht.
Mit Aussicht auf Turbulenzen
Vergleichsportale verzeichnen gegenüber dem Vorjahr im Schnitt 20 % Mehrbeiträge für den Fahrzeugschutz. Der GDV rechnet im laufenden Jahr als Gesamtverband mit moderateren Steigerungen für seine Versicherer unterhalb der 10 %-Grenze. Weit oben auf den Agenden der Versicherer stehen die Schadenverläufe. Der technische Fortschritt überdehnt die Reparaturbudgets. Die zunehmende Fahrzeugdigitalisierung hebt die Störungsanfälligkeit und Schadenkomplexität auf neue Level. Krieg und Krisen brachten zudem die Inflation und Materialengpässe zurück. Der Kostenanstieg für Fachkräfte und Material befeuert die Preisspirale. Damit die Reparaturaufwendungen nicht ausufern, setzen einige Versicherer auf einen Fahrzeugschutz mit Werkstattbindung. Im Schadenfall sind Vertragswerkstätten, die Versicherer mit niedrigen Preisen umwerben, vorrangig zu frequentieren. Der Margendruck der Werkstattpartner lässt reduzierte Servicequalität befürchten. Ähnliches war bereits bei Autovermietern im Ersatzfahrzeuggeschäft zu beobachten. Etliche Fahrzeugeigner vertrauen lieber auf ihre Markenwerkstatt, um später beim Fahrzeugverkauf besser dazustehen. Drehen die Versicherer noch die Provisionsschraube runter, büßen die betroffenen Vermittler trotz Mehrbeiträge Erlöse ein. Zu Beitragserhöhungen dürften die Privat- und Unternehmenskunden vermehrt im Maklerbüro rückfragen. Die Kürzungen wiegen dann doppelt so schwer. Solche Maßnahmen sind riskant: Zwar sinkt die Aufwandsseite für die Versicherer, die Vermittler reagieren jedoch mit Abwanderung und nehmen das lukrative Ausgleichsgeschäft gleich mit.
Augen auf beim Fahrzeugkauf
Das Fahrzeugmodell entscheidet über den Beitrag. Bei jungen Fahrern und sportlichen Lenkern begehrte Fahrzeuge sind häufiger in Schäden verwickelt. Technisch ausgefeilte Personenkraftwagen tendieren zu teuren Reparaturen. Der GDV verteilt die PKW-Risiken auf 16 Typklassen im Haftpflichtschutz, weitere 25 für Vollkaskodeckungen sowie 24 Klassen in der Teilkaskoabsicherung. Sportwagen, SUV und Oberklassefahrzeuge rangieren zumeist im teureren oberen Drittel der Typklassen. Mittelklassefahrzeuge und Kleinwagen bewegen sich mehr im unteren Verzeichnisbereich. Ausnahmen wie beliebte Modelle bei Fahranfängern bestätigen die Regel. Die Einstufung erfolgt nach bisherigen Schadenerfahrungen, was regelmäßig zu Typklassenveränderungen führt. Für eine individuellere Risikonote sorgen Rabatte für schadenfreie Versicherungsjahre. Defensive Halter zahlen Bruchteile einer Fahranfängerprämie. Mit einer Schadenleistung erfolgt die Hochstufung im Beitragsrabattsystem. Allerdings steigt mit höherer Typklasse oder Rabattverlust die Bereitschaft zum Versichererwechsel. Bei Fahrzeuganschaffungen lohnt sich ein Blick auf Typklasse und Schadenfreiheit. Modellvarianten mit anderer Motorleistung können für Beitragsersparnisse sorgen. Höhere Selbstbehalte bringen weitere Beitragseuro und eher einen Rabatterhalt bei Kleinschäden. Maklerberatungen können hier gegenüber Apps und Vergleichern mit deutlich mehr Flexibilität punkten.