Schlimmer als es aussieht

20.12.2024

Foto: © Martin Rettenberger - stock.adobe.com

In der gesetzlichen Sozialversicherung brennt die Luft. Überall klaffen Milliardenlöcher. Bundeszuschüsse stabilisieren die gesetzlichen Altersrenten. Die Pflegeversicherung gerät in Pleitenähe. Flaue Wirtschaftsaussichten verheißen für die Arbeitslosenversicherung wenig Gutes. Und viele Krankenkassen benötigen dringend höhere freiwillige Zusatzbeiträge.

Staatliche Versuche, die Misere auf der Leistungsseite zu lösen, münden in Niedrigrenten und Unterversorgung. Für die Versicherungsberatung bringen diese Steilvorlagen nicht nur Vorteile. Eine inkonsequente Sozialversicherungspolitik sorgt bei den Versicherten für unabsehbare Lücken, so dass Makler getroffene Versicherungslösungen laufend anpassen müssen. Dabei wird es mit zunehmendem Versichertenalter teurer und schwieriger, denn die Budgets der Kunden sind begrenzt. Die baldigen Neuwahlen tragen Zusatzarbeit in die Maklerbüros. Sozialversicherungen als Wahlkampfinhalt, wie beispielsweise die zu erwartenden Diskussionen über spätere Renteneintritte, dürfte viele Wähler beunruhigen und Fragen zu getroffenen Eigenvorsorgen aufwerfen.

Politik sticht Logik und Mathematik

Im Sozialversicherungspoker zählen die Beliebtheit und Wählerstimmen für Politiker oft mehr als wissenschaftliche und wirtschaftliche Notwendigkeiten. Ein jüngeres Beispiel: Laut Nachrichtenmedien droht eine baldige Pflegeinsolvenz. Das zuständige Ministerium wiegelt mit einem nebulösen Lösungsversprechen ab. Ebenfalls unter viel medialer Begleitung inszenieren die Gesundheitspolitiker die Arzneipreisdeckel, um die Krankenkassen zu entlasten. Die Bevorzugung von Generika und rabattierten Medikamenten schafft jedoch Engpässe. Als Folge der Preisdeckel hakt die Versorgung für viele Patienten. So wandeln sich z. B. Kochsalzlösung, Blutplasma für Operationen oder wichtige Medikamente von Massen- zur Mangelware. Die Hersteller nutzen die weltweiten Handelswege in Länder mit höheren Gewinnmargen. Am Ende der globalen Warteschlange stehen jetzt Deutschlands Kranke. Eine zunehmende weltweite Konzentration auf nur wenige Hersteller befeuert solche Effekte. Die Mono- und Oligopolisten steuern die lukrativeren Absatzmärkte ohne Rabattzwänge an. Zudem lenken Hersteller ihre Entwicklungsressourcen in Arzneimittel, die ohne Preisschranken oder für Generika nicht gut zu kopieren sind. Vergleichbare Engpässe erzielten schon die politisch gefeierten Ärztebudgets. Die Arztpraxen schlossen und schließen heutzutage noch reihenweise. Aus wirtschaftlichen Überlebensgründen suchen verbliebene Praxen nach Privatpatienten und begrenzen die Neuaufnahme von gesetzlich Versicherten. Sonst bleiben Behandlungen zum Jahresende von Seiten der gesetzlichen Kassen mitunter ohne Honorierungen.

Mehr lageorientiert als lösungsgerecht

Das politische Management floppt: Gesetzliche Krankenversicherer stecken im Milliardenverlustsumpf bei sinkendem Versorgungsniveau. Klamme Pflegekassen perforieren den Pflegeschutz. Die Zahl der Pflegeeinrichtungen schrumpft. Der stetige Zuwachs an Pflegebedürftigen ist so nicht mehr zu stemmen. Grundlegende Reformen liegen dafür in weiter Ferne. Statt Irrtümer einzugestehen und einen besseren Weg einzuschlagen, umschiffen etliche Politiker die Wahrheit. Anstelle notwendiger fundierter Problemlösungen dominieren oberflächliche Reformen nebst politischem Gezerre für einen medialen Wählerfang. Zu oft stehen im Bundesgebiet Wahlen für Länderparlamente und Gemeindevertretungen an. 2025 sind Bundestagswahlen. Über Jahrzehnte ungelöste Probleme der Sozialversicherung treten jetzt offen zutage. Bereits in den 80ern und 90ern rief Norbert Blüms Slogan „Die Rente ist sicher“ Kenner und Kritiker auf den Plan. Deren Hinweise auf anderslautende demografische Entwicklungen verhallten von Politikerohren ungehört. Rein rechnerisch sprengen die Babyboomer und Co. ab 2030 zuvorderst die Rentenkassen. Rund 40 Jahre schiebt die Politikbühne tiefergreifende Reformen vor sich her. Europäische Nachbarn, wie z. B. Österreich oder Norwegen, legten frühzeitig ein Augenmerk auf das rechnerisch Unvermeidliche. Das Gegensteuern hält dort an, denn die sinkenden Geburtenraten nagen auch in den umsichtigen Ländern an den Zukunftskalkulationen. Einen Wandel von ideologisch geprägten Politikideen zu praxisgerechten Lösungen für die deutschen Sozialversicherten dürften breite Wählerkreise mit ihrer Stimme goutieren. Ob das die Wahlkämpfer realisieren, bleibt abzuwarten.