AfW: Unzulässigkeit kollektiver Massenkündigungen durch Versicherer bestätigt

19.12.2024

Norman Wirth. Foto: AfW

Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. macht auf die Ergebnisse eines von ihm beauftragten rechtswissenschaftlichen Gutachtens aufmerksam, das die Praxis kollektiver, bestandsauflösender Kündigungen durch Versicherer klar als rechtswidrig einstuft. Die von einigen Versicherern avisierten Maßnahmen, ganze Versicherungsbestände – oder zumindest große Teile der Bestände - aufzulösen, sind nicht nur unzulässig, sondern haben weitreichende negative Konsequenzen – insbesondere für Versicherungsmakler und deren Kunden.

Das Gutachten von Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität zu Berlin, legt dar:

1.            Rechtswidrigkeit und Missbrauch von Kündigungsrechten

Die flächendeckende Auflösung von Versicherungsbeständen – oder großer Teile der Bestände - mittels kollektiver Kündigungen verstößt gegen grundlegende Rechtsprinzipien, wie das Schädigungsverbot (§ 226 BGB) und die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Derartige Maßnahmen stellen einen Missbrauch des Kündigungsrechts dar und sind rechtlich unzulässig.

2.            Pflichten der BaFin zur Intervention

Die Umgehung der Bestandsübertragungsregelungen (§ 13 VAG) durch Massenkündigungen ist ein klarer Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben. Die BaFin ist verpflichtet, gemäß § 298 Abs. 1 VAG einzuschreiten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese Missstände zu beheben.

3.            Belastungen für Versicherungsmakler und Vertrauensverlust bei Kunden

Für unabhängige Versicherungsvermittler (Makler) ist diese Praxis katastrophal. Sie müssen Kunden erklären, dass Versicherungsverträge – trotz Schadensfreiheit und ohne sachlichen Grund – unerwartet gekündigt werden. Dies gefährdet nicht nur die Kundenbeziehung, sondern schädigt massiv das Vertrauen in die gesamte Branche. Viele Makler werden gezwungen, in kurzer Zeit neuen Versicherungsschutz zu finden, was sowohl für sie als auch für die Kunden erhebliche zusätzliche Belastungen und Kosten mit sich bringt – und nicht immer erfolgreich sein wird.

Der Verfasser des Gutachtens, Prof. Dr. Schwintowski, war lange Jahre u.a. Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Verbraucherorganisation „Bund der Versicherten“, Mitglied des Versicherungsbeirats bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und Mitglied der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (VVG-Reformkommission). Seine Expertise ist unbestritten.

Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW, betont:

„Das Vorgehen einzelner Versicherer bringt Vermittler in unmögliche Situationen und hinterlässt Kunden völlig unvorbereitet in einer Lage, in der sie ohne Versicherungsschutz dastehen oder deutlich höhere Prämien zahlen müssen. Die BaFin muss einschreiten, um solche Praktiken sofort zu unterbinden.“

Ein weiterer kritischer Punkt, den der AfW hervorhebt, ist die essenzielle Bedeutung der Wohngebäudeversicherung für die Immobilienfinanzierung. Banken und Kreditinstitute setzen bei der Vergabe von Bau- oder Immobilienkrediten in der Regel eine gültige Wohngebäudeversicherung voraus, um das finanzierte Objekt abzusichern. Der Verlust dieser Versicherung kann zu erheblichen Problemen für Immobilieneigentümer führen.

Wirth ergänzt: „Wenn Banken aufgrund fehlenden Versicherungsschutzes zusätzliche Sicherheiten verlangen oder sogar bestehende Kredite gefährden, entsteht für Immobilienbesitzer eine existenzbedrohende Situation. Dies unterstreicht, wie unverantwortlich es ist, durch kollektive Kündigungen den Versicherungsschutz ohne sachlichen Grund zu entziehen.“

Der AfW fordert die Versicherer auf, sich strikt an die gesetzlichen Regelungen zu halten. Anstelle von Massenkündigungen steht Versicherern das Instrument der Bestandsübertragung gemäß § 13 VAG zur Verfügung. Dieses Verfahren gewährleistet, dass die Interessen der Versicherer, der Versicherten und auch der Vermittlerschaft gleichermaßen berücksichtigt werden.

Sollten Versicherer dennoch versuchen, Massenkündigungen umzusetzen, drohen rechtliche Konsequenzen. Unwirksame Kündigungen führen dazu, dass die betroffenen Verträge fortbestehen. Zudem könnten Versicherer Schadensersatzansprüche seitens der Versicherten ausgesetzt sein. (mho)

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