Wenn Innovationen nicht ankommen

07.01.2020

Versicherungsbetriebswirt Ramesh Bhargava / Foto: © Ramesh Bhargava

Geküsst vom digitalen Zeitalter erwacht Deutschlands Assekuranz aus dem Dornröschenschlaf und transformiert sich ungeduldig.

Wo Personalkosten und -verstand an Grenzen stoßen, werden Milliarden Euro gegen IT, Robotics, künstliche und externe Intelligenz getauscht. Alles orientiert sich am Nutzer und dessen Journey entlang kreativer, strukturierter Prozesse in iterativen Schleifen, so das Credo.

Kein Stein bleibt auf dem anderen. Alles wird in die schöne neue Digitalwelt transformiert, vom Bestandsverwaltungssystem bis zur omnikanalfähigen Tarifsoftware. Letztere wird konzipiert für den ebenso in die Jahre gekommenen analogen Außendienst, der sich in den Versicherungs-Labs weder steuern, verjüngen noch mehren lässt - und für das unbekannte Wesen, den hybriden Kunden. Von der notwendigen wie anspruchsvollen Transformation, die einer Operation am offenen Herzen gleichkommt, versprechen sich Unternehmensberater wie Versicherungsmanager gewaltige Effekte.

Die neuen Möglichkeiten der modernen IT-Infrastruktur lassen deutlich kürzere Produktzyklen am Puls der Zeit zu. Kombiniert mit der Aufbruchstimmung eröffnen sich Wachstumsphantasien. Zwei Beispiele zeigen, dass die neuen Chancen nur unzureichend genutzt werden. Die neuen Konzepte richten sich noch zu wenig an den Pain Points des Kunden, sondern an denen der Versicherer aus.

Eigene Interessen im Vordergrund

Bei schweren Unfällen zählt jede Sekunde. Das gilt nicht nur für die Fahrzeuginsassen, sondern für alle an der Fahrzeugreparatur und den Folgekosten Beteiligten, einschließlich den Versicherungen. Brancheninsider wissen, dass ein wesentlicher Hebel zur Senkung des Schadenaufwands in der aktiven Werkstattsteuerung liegt. Ein oberfränkischer Versicherer macht es erfolgreich seit Jahren vor.

Entscheidend ist es, im Zeitpunkt des Schadens die relevanten Daten, das Gold des 21. Jahrhunderts, zu erhalten, um die Reparatur zur günstigen Partnerwerkstatt zu steuern. Versicherungskunden profitierten von diesem Modell im Gegenzug von Beitragsvorteilen und zusätzlichen Services bei Wahl entsprechender Tarife. Was ursprünglich ein Abfallprodukt war, wird inzwischen proaktiv als für den Kunden wertvolles Produktfeature vermarktet. Die Rechnung bezahlen in dem Fall die Autoindustrie und (deren) Werkstätten.

Warum sich die Versicherer manchmal selbst im Weg stehen, lesen Sie auf Seite 2

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