Wenn Innovationen nicht ankommen
07.01.2020
Versicherungsbetriebswirt Ramesh Bhargava / Foto: © Ramesh Bhargava
Nichts dazugelernt
Was in der Auto-Sparte nicht so recht anlaufen will, soll nun in Hausrat und Wohngebäude zünden. Es bleibt beim Kernmotiv der Versicherer, den eigenen Schadenaufwand durch zeitnahe Information zu minimieren. Sensortechnik macht es möglich, sei es überlaufendes Wasser, Rauchentwicklung oder der (versuchte) Einbruch. Die Idee ist vielversprechend, zumal darin die echte Chance steckt, das traditionell abstrakte Leistungsversprechen mit einem anfassbaren, erlebbaren Kundennutzen aufzuwerten.
In erster Linie ist es aber das gute Gefühl der Sicherheit, vermittelt durch Technologie und Apps. Faktisch erhält der Kunde, ob mit oder ohne Smart Home, denselben Versicherungsschutz. Den geldwerten Vorteil streicht der Versicherer, der von der vom Kunden selbst erworbenen und installierten Technik profitiert, für sich ein, um seinen Schadenaufwand zu vergleichsweise geringen Beitragsnachlässen zu mindern.
Hat sich der Kunde nicht zufällig umfassend von der polizeilichen Beratungsstelle oder oberflächlich über das Baumarktvideo informiert, bleibt das Thema für viele unbekannt. Der Versicherungswirtschaft ist es bis heute nicht gelungen, an dem Wachstumsmarkt Smart Home flächendeckend anzudocken.
Die Versicherungsbranche verlässt sich einmal mehr vergebens auf den missionarisch, in dem Fall unentgeltlich tätigen Versicherungsvermittler. Als Zwischenergebnis lässt sich im Vergleich zum Unfallmeldedienst salopp zusammenfassen: „das Gleiche in grün“.
Innovation der Innovation wegen
In den Versicherungs-Labs wird derweil weiter kräftig an Personas und Journeys getüftelt. Die Erkenntnisse teilt der in sich geschlossene Kreis von „Innovations-Laboranten“, die neuen Sternchen der Branche, zur gegenseitigen Lobhudelei in sozialen Netzwerken und auf den unzähligen Innovationskongressen. Die Traditionalisten im Versicherungsinnen und - Außendienst und die Endkunden lassen sie hiervon wenig bis gar nicht teilhaben. Die ersten Innovatoren sind nach einem kurzen Höhenflug auf dem Boden der Tatsachen zurückgeholt worden und haben sich zwischenzeitlich wieder in die analoge Linientätigkeit eingefügt.
Die Besetzung neuer Risikobereiche wie Drohnen und Cyber beherrscht die Branche scheinbar spielend. Schwerer tut man sich im Butter-und-Brot-Geschäft, die eingetreten Pfade zu verlassen. Echte, vom Kunden wahrnehmbare Innovationen finden hier im besten Falle nur zögerlich ihren Durchbruch.
Warum die "Innovationen" der Versicherungsbranche oft wenig innovativ sind, lesen Sie auf Seite 4