Wenn das technisch Machbare den Menschen verdrängt

18.02.2020

Christian Polz, Inhaber und Geschäftsführer von 3 P Leadership / Foto: © Business Village

Die Frage nach der Notwendigkeit beantworten

Zentrale Voraussetzung für den gelungenen Einsatz der agilen Strukturen und Methoden ist, dass die beteiligten Menschen zum einen deren Sinnhaftigkeit begreifen und sie zum anderen virtuos handhaben können. Keine der Methoden kann und darf von heute auf morgen eingeführt werden. Allerdings: Gerade das wird erwartet und geschieht allzu oft. Damit muss Schluss sein.

Holokratische Teamarbeit zum Beispiel – also Teamarbeit ohne Teamleiter, ohne Chef – erfordert eine intensive Vorbereitung, und zwar der Teammitglieder und der Führungskräfte. Sie haben die Aufgabe, für die mitarbeiterorientierte und behutsame Implementierung der Tools und Methoden zu sorgen. Zudem sollten sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter ein agiles Mindset aufbauen, also eine Einstellung, die es erlaubt, auf veränderte Rahmenbedingungen rasch und flexibel zu reagieren.

Den Reifegrad beachten – und die Kultur

Natürlich gibt es Teams und Mitarbeiter, die die agilen Strukturen kennen und sich wohl in ihnen fühlen. Differenzierung tut not – hier müssen und können Sie anders agieren. Übertragen Sie den Teams und den einzelnen Mitarbeitern mehr Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse, lassen Sie ihnen größere Freiräume.

Bei Begriffen wie agiler Wohlfühlkultur, Design Thinking, Scrum, Kollaborationssoftware, Future Management und Ambidextrie machen viele Mitarbeiter und Führungskräfte „die Schotten dicht“, um einen Begriff aus der alten Arbeitswelt zu benutzen. Ein Beispiel dafür liefert Markus Bleher, Geschäftsführer der Heermann Maschinenbau GmbH im schwäbischen Frickenhausen, der in einem Interview mit dem Magazin managerSeminare (Heft 249, S. 38-43) zur agilen Transformation im Maschinenbau sagt: „Wenn wir sagen würden, wir machen jetzt ein Daily Scrum, dann läuft Ihnen hier jeder davon und sagt, macht euren Scheiß selber. Sagt man aber, lasst uns mal kurz drüber babbele, dann hört jeder zu und leistet einen Beitrag.“

Also: Beachten Sie bei der Einführung agiler Strukturen unbedingt die Unternehmenskultur – die agilen Veränderungen müssen zur Unternehmenskultur passen. Bei der Implementierung agiler Teamarbeit in den Unternehmen habe ich oft festgestellt, wie wichtig und unerlässlich es ist, die Menschen kulturell, sprachlich und überdies auf der operativen Ebene mit ins agile Teamboot zu holen.

Fazit

Die Einführung agiler Prozesse und Strukturen darf nie um ihrer selbst willen geschehen. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, dass jene Prozesse und Strukturen den beteiligten Menschen zugutekommen, sodass diese ihre Aufgaben besser erfüllen können. Berücksichtigen Sie also die „agile Eignung“ Ihrer Mitarbeiter.

Autor: Christian Polz, Inhaber und Geschäftsführer von 3P-Leadership

Mit menschlich-agilem Leadership Teams und Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen

  1. Auflage BusinessVillage 2019 220 Seiten ISBN 978-3-86980-466-8

24,95 Euro