Märkte vor Bewährungsprobe

31.03.2025

Max Wienke. Foto: @ eToro

An den Märkten herrscht derzeit eine hohe Nervosität. Die Unsicherheit ist deutlich zu spüren – Anleger warten ab und vermeiden größere Risiken. Die Zollangst ist zurück: Noch ist unklar, wie weit Donald Trump im Handelskrieg tatsächlich gehen wird. Diese Woche könnte eine der wichtigsten des Jahres werden.

Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Stimmung in der Wirtschaft kippt. Am 2. April sollen die neuen US-Zölle in Kraft treten. Den Wirtschaftskalender sollte man jedoch nicht aus den Augen verlieren. Frühindikatoren aus den USA werden entscheidende Hinweise darauf liefern, was uns in den kommenden Wochen erwartet. In Europa liegt der Fokus auf den Inflationsdaten.

Die internationale Marktperformance hat sich in diesem Jahr überraschend verschoben: Europäische Aktien haben die US-Börsen klar hinter sich gelassen. Der S&P 500 hat seit Jahresbeginn 5,1 Prozent an Wert verloren – ein ungewohntes Bild nach Jahren der Outperformance.

Der Euro STOXX 600 konnte im gleichen Zeitraum um +6,8 Prozent zulegen, der DAX sogar um +13,5 Prozent. Viele Investoren setzen verstärkt auf günstiger bewertete europäische Titel und wenden sich vom hoch bewerteten US-Markt ab.

Zudem stärken umfangreiche staatliche Investitionsprogramme in Europa das Vertrauen in eine wirtschaftliche Wiederbelebung. Allerdings bleibt das Umfeld fragil: Eine Eskalation im Handelskonflikt könnte das europäische Exportmodell unter Druck setzen und die aktuelle Marktstimmung kippen lassen.

US-Wirtschaft im Stresstest

Wir befinden uns in einer Phase, in der sich innerhalb kürzester Zeit sehr viel verändern kann. Gleichzeitig erschwert die hohe Unsicherheit verlässliche Prognosen. Einige Stimmungsindikatoren sind bereits stark eingebrochen: Das US-Verbrauchervertrauen liegt auf dem tiefsten Stand seit 2021 – ein Warnsignal für die Binnenkonjunktur.

Am Dienstag wird der US ISM Manufacturing PMI für März veröffentlicht. Zwar sind Frühindikatoren kein „heiliger Gral“, sie liefern aber wertvolle Hinweise auf potenzielle Wendepunkte. Das verarbeitende Gewerbe hatte sich erst im Januar aus der Rezession befreit (aktueller Indexwert: 50,3). Eine mögliche Zolleskalation könnte diesen Erholungsprozess wieder ins Wanken bringen.

Der Dienstleistungssektor zeigt sich bislang deutlich resilienter. Am Donnerstag folgt das Update zum US ISM Services PMI. Anleger werden genau beobachten, ob die negative Stimmung in Teilen der Wirtschaft auch auf die Dienstleistungsbranche übergreift. Bisher konnte dieser Bereich die Schwäche der Industrie ausgleichen.

Spannend bleibt es bis zum Ende der Woche: Am Freitag stehen die US-Arbeitsmarktdaten für März an. Eine beschleunigte Abkühlung am Jobmarkt könnte neue Sorgen auslösen und die Unsicherheit weiter erhöhen.

Inflationsrückgang trifft auf geopolitische Unsicherheit

Die Inflation in der Eurozone befindet sich auf einem guten Weg. Nach dem Rückgang auf 2,3 Prozent im Februar wird für März ein weiterer Rückgang auf 2,2 Prozent erwartet – ein Schritt näher an das EZB-Ziel von 2 Prozent. Die Daten werden am Dienstag veröffentlicht – die Zahlen für Deutschland liefern am Montag eine erste Orientierung.

Diese Entwicklung wäre zwar positiv, könnte jedoch am Markt von den derzeitigen Risiken überschattet werden. Eine Eskalation im Zollstreit zwischen Europa und den USA könnte die Inflation erneut anheizen. Die Auswirkungen von Handelskonflikten schlagen sich mit Verzögerung in den Inflationsdaten nieder. Im Falle einer Eskalation dürften die nächsten Monate deutlich aufschlussreicher sein.

Auch ein starkes Wirtschaftswachstum könnte eine neue Preisdynamik auslösen – allerdings wohl nur, wenn die Zinsen deutlich gesenkt würden. In der letzten Niedrigzinsphase blieb die Inflation trotz lockerer Geldpolitik niedrig. Dauerhaft steigende Preise sind vor diesem Hintergrund keineswegs garantiert. Fest steht: Nur ein anhaltender Rückgang der Inflation würde der EZB den nötigen Spielraum für geldpolitische Lockerungen verschaffen.

Die Inflationszahlen aus der Eurozone dürften für das kurzfristige Stimmungsbild weniger relevant sein. Eine Mischung aus schwachen Umfragedaten, einem eskalierenden Zollkonflikt und einem fragilen Arbeitsmarkt in den USA könnte jedoch zu erheblicher Verunsicherung an den Finanzmärkten führen.

In der Regel überträgt sich eine negative Stimmung an den US-Börsen auch auf die europäischen Märkte. Allerdings könnte eine deutliche Schwäche in den USA dazu führen, dass Anleger verstärkt auf europäische Aktien setzen – die Performance-Differenz zwischen den Regionen könnte sich dadurch weiter vergrößern. Eine Eskalation im Handelsstreit würde allerdings das Aufwärtspotenzial an den europäischen Aktienmärkten begrenzen. Sollten die US-Konjunkturdaten insgesamt enttäuschen, bleibt die Frage, wie viel wirtschaftliche Schwäche der Markt noch toleriert, bevor es zu einer neuen Verkaufswelle kommt.

Marktkommentar von Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro.