Strukturelle Probleme bei Anleihen-ETFs werden oft übersehen

29.06.2017

Sahil Khan, Quantitative Analyst Fixed Income und Jorgen Kjaersgaard, Head of European Corporate Credit / Foto: © AB (AllianceBernstein)

Zwangsläufig immer im Fluss Es liegt in der Natur von Anleihen, dass ihre Restlaufzeit bis zur Fälligkeit stetig kürzer wird. Daher müssen Unternehmen immer wieder neue Wertpapiere begeben, um ihre Geschäftstätigkeit zu finanzieren. Anders als bei „ewigen“ Aktien führt dies zu einer hohen Umschlaghäufigkeit von Anleihen-Indizes. In 2016 zum Beispiel waren (gemessen am Marktwert) 23 % des Bloomberg Barclays Euro High Yield Index Neuzugänge, wohingegen rund 15 % den Index verlassen haben. Zum Vergleich: beim Aktien-Index S&P 500 sind es nur 4 bis 6 % Turnover. Anleihen-Indizes müssen zudem monatlich neugewichten, bei Aktien-Indizes ist dies höchstens alle drei Monate der Fall.

Anleihen: Ein komplexes Universum Anleihen sind viel differenzierter ausgestaltet als Aktien und unterscheiden sich hinsichtlich Laufzeit, Position in der Kapitalstruktur und Optionen (wie etwa Calls). Die Emittenten legen großen Wert auf diese Flexibilität und sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Das eröffnet vielfältige Möglichkeiten im Anleihenbereich, die findige Anleger nutzen können. Doch diese Vielfalt hat ihren Preis: Anleihen sind nicht standardisiert, und der Markt ist weit stärker fragmentiert als bei Aktien.

Hinzu kommt: Aktien werden fast immer an Börsen gehandelt, wo ihre Kurse transparent und für alle sichtbar sind. Anleihen hingegen werden außerbörslich gehandelt („Over the counter”, OTC). Eine Vielzahl von Marktteilnehmern einigt sich jeweils bilateral auf einen Handel, dessen Konditionen oft nur teilweise und mit zeitlicher Verzögerung bekannt werden. Besondere Kompetenzen sind daher erforderlich. Anleihenhändler müssen Risiken eingrenzen können, wenn sie Marktverzerrungen zu ihrem Vorteil nutzen möchten. Dies ist nur mit aktivem Management möglich.

Anleihen sind weniger liquide Die starke Fragmentierung und die inhärente Komplexität der Anleihenmärkte führen dazu, dass die meisten Papiere nicht sehr oft gehandelt werden. Laut Daten von JPMorgan werden 90 % des Handels mit US Unternehmensanleihen mit nur 20 % des Emissionsvolumens getätigt. Das bedeutet, dass es schlicht nicht möglich ist, immer jede als attraktiv eingestufte Anleihe zu kaufen. Intelligente Vorbereitung kann jedoch erfahrenen Fondsmanagern dabei helfen, Anleihen gleich zum Emissionszeitpunkt zu erwerben. Transaktionskosten von Anleihen sind viel höher Im Sekundärmarkt sind die Transaktionskosten für hochverzinsliche Anleihen signifikant höher als bei Aktien. Laut Barclays betrug der durchschnittliche Preis für Kauf und Verkauf einer Anleihe während der Euro-Krise fast 2 % des Anleihenwerts. Und auch heute sind es noch etwa 0,7 %, was fraglos ertragsschmälernd wirkt. Erfolgreiche aktive High-Yield-Investoren minimieren daher den Handelsaufwand und antizipieren Phasen hoher Liquidität. Dies hilft ihnen dabei, effizient und kostengünstig zu handeln.