Steigende Pegel, steigende Prämien

12.11.2024

Martin Karwatzki, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Heuking / Foto: © Heuking

Die mit dem Klimawandel einhergehende Zunahme von Extremwetterereignissen konnte erst vor kurzem in Spanien wieder beobachtet werden, wo gewaltige Regenmengen schwere Schäden angerichtet haben. Auch hierzulande häufen sich derartige Wetterphänomene, wodurch zwangsläufig die Frage, wie sich gegen die damit einhergehenden Schäden abgesichert werden kann, in den Fokus rückt. Bei der Suche nach einer Antwort, mehren sich die Stimmen derer, die die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarrisiken fordern. Hierzu konnte sich der Gesetzgeber bislang allerdings noch nicht durchringen. Ein Gastbeitrag von Martin Karwatzki, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Heuking. 

Im Bereich der Privatversicherung sind Pflichtversicherungen – wie etwa die Haftpflichtversicherung für Kfz-Halter – eher selten anzutreffen. Hauptgrund hierfür ist, dass die Anordnung einer Pflichtversicherung einen Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Vertragsfreiheit darstellt. Es bedarf daher gewichtiger übergeordneter Gründe, die einen solchen Eingriff rechtfertigen.

Die Wohngebäudeversicherung zählt bislang nicht zu dem elitären Kreis der Pflichtversicherungen. Hauseigentümer können also selbst entscheiden, ob sie eine Wohngebäudeversicherung abschließen, oder ob sie hierauf verzichten. Ungeachtet der insoweit bestehenden Wahlfreiheit ist der Abschluss einer solchen Versicherung für die meisten Eigentümer aber schon deshalb ein Muss, weil sie regelmäßig für die Immobilienfinanzierung benötigt wird. Erhebliche Unterschiede gibt es derweil bezogen auf den Umfang der versicherten Risiken. Während die Absicherung gegen Gebäudeschäden durch Brand oder Blitzschlag zum Standard einer jeden Wohngebäudeversicherung gehört, steht die Ausweitung des Versicherungsschutzes auf sogenannte Elementargefahren im Ermessen eines jeden Versicherungsnehmers. Zu diesen Elementargefahren gehören unter anderem Schäden durch Überschwemmung, was dazu führt, dass Versicherungsnehmer, deren Objekt in der Nähe eines Flusses liegt, in der Regel ein erhebliches Interesse an der Absicherung gegen Elementarrisiken haben, wohingegen Hauseigentümer im Bereich einer oberen Hanglage hierauf guten Gewissens verzichten können.

Pro: Pflichtversicherung als Stabilisator

Es ist gewiss keine neue Erkenntnis, dass eine Versicherung gemeinhin für diejenigen Versicherungsnehmer am teuersten ist, die sie am dringendsten benötigen. Genauso verhält es sich auch mit dem Elementarschadenbaustein bei der Wohngebäudeversicherung, der für Hauseigentümer in Risikogebieten – d. h. in Tallagen oder in der Nähe von Flüssen – zunehmend unbezahlbar wird. Oder anders formuliert: Dort, wo die Pegel steigen, steigen auch die Prämien.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, gab es in der jüngeren Vergangenheit wiederholt Forderungen, eine Pflichtversicherung für Elementarrisiken einzuführen. Die dahinterstehende Idee: Durch leistungsfähige Versicherungskollektive sollen auch Gebäude in besonders gefährdeten Lagen wieder versicherbar sein, da die Risiken auf eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern verteilt würden. Hinter diesem Risikostreuungsgedanken verbirgt sich auch die Hoffnung auf eine Stabilisierung des Prämienniveaus. Und nicht zuletzt würde auch der Staat von einer Versicherungspflicht profitieren, da ihm im Katastrophenfall finanzielle Unterstützungsleistungen für Wiederaufbaumaßnahmen – wie zuletzt bei der Jahrhundertflut im Ahrtal im Sommer 2021 – erspart blieben.

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