Ein Plädoyer
21.11.2024
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Versicherungsvermittler operieren heute in einem zunehmend komplexen und regulierten politischen Umfeld, das von nationalen und europäischen Regularien bestimmt wird. Die gesetzlichen Anforderungen an die Kundenberatung, Weiterbildung, die Digitalisierung und neue Themenfelder wie etwa die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen (ESG) sowie der hohe Stellenwert des Verbraucherschutzes belasten zwar den Berufsstand, beweisen jedoch auch immer wieder die gute Anpassungsleistungen der Versicherungsvermittler. Diese Aufgaben erfordern von ihnen ein hohes Maß an Fachwissen und kontinuierlicher Weiterbildung, was ihre Professionalität unterstreicht. Alljährlich wird dieser Umstand auch durch die äußerst geringen Beschwerdequoten des Versicherungsombudsmann bestätigt.
Sozialpolitische Bedeutung
Ausgestattet mit Professionalität leisten Versicherungsvermittler einen unverzichtbaren Beitrag zur sozialen Sicherheit. Denn sie unterstützen die Bevölkerung bei der notwendigen ergänzenden Absicherung in Bereichen der Altersvorsorge, Gesundheit, Kfz- und Unfallversicherung u. v. m. In einer alternden Gesellschaft und angesichts steigender Gesundheitskosten wird ihre Rolle immer wichtiger. Ihre persönliche Beratung schätzen die Kunden, die ihnen nicht selten ein Leben lang die Treue halten. So trägt der Berufsstand dazu bei, dass Menschen finanziell abgesichert sind und unvorhergesehene Ereignisse besser bewältigen können. Insofern erfüllen Versicherungsvermittler einen eminent wichtigen sozialpolitischen Auftrag. Angesichts dessen müssten politische Entscheidungsträger und der Gesetzgeber vor weiteren Regulierungen des Berufsstands absehen. Stattdessen mussten wir im letzten Jahr feststellen, dass die EU-Kommission Pläne schmiedete, den Vermittlern die Existenzgrundlage durch ein EU-weites Provisionsverbot zu entziehen. Dies konnte mit vereinten Kräften aller Vermittlerverbände, insbesondere aber durch den führenden Vermittlerverband Deutschlands, dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), zum Glück abgewendet werden.
Ausbaufähiges Image
Das öffentliche Image von Versicherungsvermittlern ist oft durch Vorurteile geprägt. So werden sie häufig als reine Verkäufer wahrgenommen, die in erster Linie ihre eigenen Vergütungsinteressen verfolgen. Dabei wird übersehen, dass sie eine wichtige Rolle als Berater und Dienstleister einnehmen, die ihren Kunden helfen, sich gegen Lebensrisiken abzusichern und für das Alter vorzusorgen – und das bei hoher Kundentreue oft jahrzehntelang und lebensbegleitend. Ein Umdenken in der Gesellschaft ist daher dringend notwendig, um die wertvolle Arbeit dieser Berufsgruppe angemessen zu würdigen. Dafür initiierte der BVK schon vor zwölf Jahren die Initiative „Ehrbare Versicherungskaufleute“ und gründete den gleichnamigen Verein (www.vevk.de), bei dem sich die Vermittler als Mitglieder zu den zehn Tugenden der Ehrbarkeit, Fairness und sozialpolitischer Verantwortung bekennen. Außerdem erschuf der BVK ein Berufsbild, das von einem Anspruch auf Qualifikation, Weiterbildung sowie einer Orientierung am freien Unternehmertum und der Ethik des ehrbaren Kaufmanns bestimmt ist.
Nachwuchsproblematik und Chancen
Dies ist umso bedeutender, da die Vermittlerbranche – wie viele andere Branchen übrigens auch – vor einer ernsthaften Nachwuchsproblematik steht. Viele junge Menschen sehen in der Vermittlerbranche keine attraktive Karriereoption, was absehbar zu einer Unterversorgung von qualifizierten Vermittlern führen wird. Dabei bietet dieser Beruf vielfältige Möglichkeiten, sich unternehmerisch selbstständig zu machen, mit bereichernden persönlichen und individuellen Kundenkontakten, freier Zeiteinteilung und der Chance, einen eigenen Vermittlerbetrieb aufzubauen. Auch angesichts der beginnenden großen Ruhestandswelle der Boomer-Generation und damit der abnehmenden Zahl von Versicherungsvermittlern wird der Wettbewerbsdruck unter den Vermittlerbetrieben eher abnehmen und damit die Verdienstmöglichkeiten bei entsprechender Qualifikation und Engagement steigen. Für den Nachwuchs bieten sich damit in der Versicherungsbranche zahlreiche Chancen. Zudem bietet die Branche eine Vielzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten, die es ermöglichen, sich ständig weiterzuentwickeln, sich neue interessante Themenfelder zu erschließen und individuelle Expertise zu begründen. Der Beruf ist außerdem krisensicher, da Versicherungen immer benötigt werden. Um hier bundesweit mehr Schwung zu bringen, gründete der BVK die „BVK-Junioren“. Jungen Vermittlern und Vermittlerinnen ermöglicht damit der BVK, Kontakte zu Agenturinhabern aufzubauen, die ihren Vermittlerbetrieb in nächster Zeit abgeben wollen, sich bundesweit zu vernetzen, ihre Erfahrungen auszutauschen und letztlich ihre Kompetenz zu schärfen. So unterstützt der BVK eine persönliche Weiterentwicklung junger Vermittler und Vermittlerinnen.
Fazit
Der Vermittlerberuf ist anspruchsvoll und erfordert ein hohes Maß an Fachwissen und Engagement. Trotz eines herausfordernden politischen Umfelds und eines oft missverstandenen öffentlichen Images bietet der Beruf vielfältige Chancen und eine gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe. Junge Menschen, die sich für diesen Beruf entscheiden, haben die Möglichkeit, eine erfüllende und lukrative Karriere zu absolvieren, die gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur sozialen Sicherheit leistet.
Michael H. Heinz,
Präsident,
Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)