Schlüsselthema für den Markterfolg

12.06.2016

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finanzwelt: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Gebührenmodelle von Produkten und Beratung aus? Bretzke: Ob Makler in Zukunft durch die Veränderungen mehr verdienen werden, wird die Zeit zeigen. Wir sehen heute schon die steigende Relevanz von Servicegebühren. So könnte es bald Rahmenverträge geben, in denen der Service auch definiert ist. Wir ermitteln in unserem System aus dem Anlegerprofil eine Risikokennzahl, aus der sich die Einzelfondsempfehlung ableitet. Risiken werden dabei täglich überprüft. Es erfolgt eine automatische Risikomeldung, wenn Grenzen überschritten werden. finanzwelt: Welche Tools sollten bei einer digitalisierten Kundenberatung nicht fehlen? Konrad: Sowohl für den Versicherungs- als auch für Fondsbereich brauche ich gute Analyseprogramme, die bis zum Abschluss durchgängig sind. In der After-Sales-Betreuung kommt es dagegen auf Verfügbarkeit und Übersichtlichkeit mit digitalen Ordnern über alle Sparten und Anlageklassen hinweg an. Es gilt, eine mit wenigen Klicks erreichbare Heimat zu schaffen, damit der Kunden ein gutes Gefühl für seine Finanzen erhält. Bald: Wir haben beim Thema Finanzen die Herausforderung, dass sich viele Kunden nicht ausreichend und der Bedeutung des Themas angemessen dafür interessieren. Hier bietet die Digitalisierung durch die größere Transparenz der übermittelten Informationen neue Ansätze. So könnten mit den neuen Tools etwa die Felder Konsumieren und Investieren in den Alltag der Menschen integriert und mit Beispielen sowie Zahlen unterlegt werden. Also was passiert, wenn ich eine bestimmte Summe Geld anlege, anstatt mir dafür etwas zu kaufen? So werden vormals abstrakte Sachverhalte konkret und anschaulich – wie beispielsweise bei permanenter Transparenz über den Zustellungs-Status des Zalando-Paketes. Hertinger: Wesentlicher Punkt bei der Digitalisierung ist die Qualität der Daten, nur eine schöne Bedienoberfläche reicht nicht. Wir bieten in der Darstellung unserer Produkte eine große Detailtiefe, wenn es um Produktinformationen geht. Kunden sollten sich jederzeit informieren können, wie sie investiert sind. Eine intelligente Aufbereitung der immer größer werdenden Datenmenge ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. finanzwelt: Werden die Makler durch die neuen Möglichkeiten ihr Produktspektrum jenseits der bekannten Kategorien erweitern? Konrad: In der Tat erkennen wir die Chance, dass sich der Vermittler mit anderen Produkten beschäftigt, wenn der Beratungsprozess durch standardisierte digitale Prozesse einfacher wird. Der größte Wandel für uns als Dienstleister und klassisches B2B-Unternehmen ist, neben der Makler- auch die Kundenperspektive zu denken. Informationen sind dabei so aufzubereiten, dass der Kunde sie versteht. Dies eröffnet auch in rechtlicher Hinsicht eine neue Dimension. Wer App-Angebote für Endkunden ins Netz stellt, schließt mit diesen einen Vertrag. finanzwelt: Wird die Produktqualität durch die Digitalisierung steigen? Werden es weniger Produkte? Hertinger: Wir sehen die Digitalisierung als Möglichkeit, passive ETF-Angebote und Produkte mit einem aktiven Managementansatz zu verbinden und als Gesamtkonzept aufzubauen. Zusätzliche Bedeutung erfährt die Digitalisierung im Asset Management durch das regulatorische Umfeld und eine Zunahme des Direktgeschäfts. Beide Trends führen dazu, dass eine gezielte Kundenansprache und das Anbieten spezifischer Lösungen immer wichtiger werden. So werden sich das Fondsangebot und die Präsentation der Produkte mit der Zeit wandeln. Die Produktlandschaft muss flexibler werden und auf die Anforderungen der Kunden und Makler zugeschnitten werden. Zugleich muss damit auch schneller auf regulatorische Veränderungen reagiert werden. Es ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. finanzwelt: Abschließend der Blick in die Zukunft der Finanztechnologie: Wohin steuert die Branche bei der Digitalisierung? Bald: Die Statistiken belegen, dass von 100 Start-ups nur 3 bis 5 erfolgreich sind. Der Rest verschwindet sukzessive vom Markt. Das dürfte auch für FinTechs gelten, die aktuell von den guten Rahmenbedingungen für Risikokapital profitieren. Es ist aber aus meiner Sicht notwendig, sich breiter als heute im Markt aufzustellen und nicht nur ein Stück aus der Wertschöpfungskette herauszugreifen. Konto, Kredit- und Debitkarte, um nur ein Bespiel zu nennen, werden als Angebot für eine nachhaltige Profitabilität nicht ausreichen – genauso wenig wie eine regionale Fokussierung. Hertinger: Die Digitalisierung ist für etablierte Asset Manager mit einer historisch bedingten heterogenen IT-Landschaft sicherlich eine Herausforderung, bietet aber auch die Chance, bisherige Prozesse und Informationsangebote neu auszurichten. Dies erfordert Mut für neue Blickwinkel, um die notwendigen Entwicklungen von innovativen Lösungen voranzutreiben. So haben wir in den vergangenen 2 Jahren unsere Informationen an den Bedürfnissen unserer externen Vertriebspartner ausgerichtet und vielfältige Kundenwünsche bei der Überarbeitung unseres Informationsangebots berücksichtigen können. Unser Bestreben für die Zukunft ist, daran zu arbeiten, unsere Dienstleistungen möglichst nahtlos digital, mobil und persönlich anzubieten. Konrad: Die neuen Entwicklungen führen bei uns zu neuen Überlegungen. So entwickeln wir uns schrittweise zu einer Digitalisierungsplattform, bei der statt der Abrechnung von Provisionen unsere Dienstleistungen immer mehr in den Vordergrund rücken. Diese könnten zukünftig beispielsweise nach Stückkosten pro Vertrag in Abhängigkeit von der Breite und Tiefe der genutzten Tools vergütet werden. Es geht daher immer mehr um die Bereitstellung von Daten. In jedem Fall sind es Veränderungen, von denen bei den richtigen Weichenstellungen alle profitieren werden. Bretzke: Es ist bei uns möglich, Kundendaten provisions- und bestandsunabhängig hochzuladen und dem Kunden übersichtlich in einer App zu präsentieren. Für den Service zahlt der Makler pro Vertrag. Auch wir wollen beim Makler ein Selbstverständnis für Dienstleistungen schaffen, aus denen sein Kunde und er Mehrwerte beziehen. Wer dies versteht, wird seine Kundenbeziehungen langfristig ausbauen und ertragreich halten können. (ms)   (Roundtable Digitalisierung / finanzwelt 03/2016)