Rein analog dürfte der Berater aussterben

09.11.2020

Stefan Gierschke, Geschäftsführer Königswege (li.), Heiko Reddmann, Geschäftsführer HonorarKonzept (re.) / Fotos: © Königswege/ HonorarKonzept

finanzwelt: Besteht dann nicht die Gefahr, dass ältere Kunden, die möglicherweise weniger digitalaffin sind, den Anschluss verlieren beziehungsweise nicht mehr vom Berater erreicht werden? Gierschke: Der persönliche Kontakt zum Kunden unterscheidet sich tatsächlich vor allem in der Klientel und in der Altersstruktur sehr stark. Dennoch: Es mag überraschen, aber wir mussten auch feststellen, dass nicht nur die junge Generation die digitalen Angebote nutzt, sondern auch die Generation 60 Plus immer mehr Verständnis für digitale Prozesse hat. Aus der Not heraus sind in der Krise digitale Kommunikationswege für alle alltäglich geworden.

finanzwelt: Die Pandemie hat in vielen Branchen zu Umwälzungen geführt und Trends verstärkt. Wie ist die Lage in der Finanzberatung und welche Trends – neben der Digitalisierung – sehen Sie? Reddmann: Im letzten Jahrzehnt gab es in der Finanzbranche viele Fortschritte – auf der Produktseite, systemisch, in der Kommunikation sowie bei Transparenz und Flexibilität. Das begrüßen wir, denn der Finanzberater agiert mit einem Gut, das sehr viel Vorsicht Bedarf – die Finanzen und Existenzen der Menschen. Hier gilt es stets, nach besseren Lösungen und mehr Transparenz zu streben. Dieser Auftrag darf nicht am eigenen Tellerrand enden. Für die Zukunft der Branche erwarten wir eine Konsolidierung bei Pools, Fondsplattformen, Versicherern und Beratern. Dieses Schrumpfen findet nicht nur altersbedingt, sondern auch aus qualitativen Gründen statt. Dies ist gut für die Qualität, kann aber zu Monopolisierungstendenzen führen, was den Markt wiederum einschränken würde.

finanzwelt: Stichwort Konsolidierung: Erwarten Sie dann, dass es große Anbieter aller Lösungen geben wird oder findet eher eine Spezialisierung statt? Reddmann: In Zukunft werden sich die Beratung und der Vertrieb stärker aufteilen: Präsenz oder Online, Selbstentscheider oder persönliche Beratung. Dafür müssen Berater ihr Know-how kontinuierlich ausbauen. Gierschke: Produkttechnisch ist eine Prognose eher schwierig. Eine große Rolle spielt der Gesetzgeber, der beispielsweise mit dem Provisionsdeckel oder der Abschaffung von Garantieprodukten einen starken Einfluss nehmen kann. Da wir endkundenorientiert aufgebaut sind, halten wir es für wichtig, sich ein gewisses Netzwerk aufzubauen, um Trends zu antizipieren. Im Fokus steht, welche Innovationen am Markt für den Kunden lukrativ sind. Definitiv können wir jedoch sagen: Digitalisierung und IT werden gerade bei den großen Playern einen hohen Stellenwert einnehmen.

finanzwelt: Immer mehr Dienstleistungen werden auch von Robo-Advisors übernommen – und Menschen sind zunehmend bereit, diese in Anspruch zu nehmen. Sind diese eine ernsthafte Konkurrenz für Finanzberater? Gierschke: Digitale Beratung ist die Zukunft, und Robo-Advisor haben darin sicherlich auch einen Platz. Für Robo-Advisor wird es immer eine Kundengruppe geben, die auch stetig wachsen wird. Als Dienstleister muss man wissen und darstellen, welchen Mehrwert man erbringt. Als Berater muss man beobachten, was der Markt dem Kunden zu bieten hat und ihm die bestmögliche Variante anbieten. Zudem sind viele Themen für den Kunden zu komplex, um die entsprechenden Versicherung online direkt abzuschließen. Gerade was Biometrie, Altersvorsorge und Sparpläne angeht, trauen die Kunden hierzulande eher ihrem Berater.

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