Parteien zur Altersvorsorge und Regulierung
23.11.2021
v.l.n.r: Norman Wirth AfW, Dr. Florian Toncar FDP, Frank Rottenbacher AfW, Matthias Wiegel AfW / Foto: © AfW
Die Auswirkungen des Regierungswechsels auf die Rahmenbedingungen der Finanzbranche können für Makler; Berater und Vermittler immens sein: Mögliche Provisionsbegrenzungen, neue Nachhaltigkeitskriterien, die Änderung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler. Der AfW-Hauptstadtgipfel eruierte bei führenden Finanzpolitikern den Sachstand und bot ihnen zugleich Orientierung und Sachinformationen an.
Führende Finanzexperten von Bündnis90/die Grünen, FDP und CDU äußerten sich auf dem 18. Hauptstadtgipfel des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung in Berlin zu ihren Vorstellungen zur aktuellen Regulierung und stellten sich den Fragen der AfW-Fördermitglieder. Erwartungsgemäß drangen aus den laufenden Koalitionsverhandlungen keine Details an die Öffentlichkeit, dennoch entstand ein Bild, womit die Branche in den nächsten Jahren an regulativen Eingriffen zu rechnen hat. Denn viele regulatorische Eingriffe sind weiterhin auf der Agenda. Daher pflegt der Berufsverband weitreichende Netzwerkkontakte zu Politiker und Politikerinnen, um nachteiligen Entwicklungen frühzeitig entgegenwirken zu können. Die Pläne der neuen Regierungskonstellation aus SPD, Grünen und FDP und die vermuteten Inhalte des zum Zeitpunkt der Veranstaltung noch nicht veröffentlichten Koalitionsvertrags, spielten daher eine große Rolle.
Grüne: Umsatzsteuer und BaFin-Aufsicht?
Grüne wollen echten Wettbewerb zwischen Provision und Honorar. Stefan Schmidt ist Mitglied im Finanzausschuss und zuständig für Anlegerschutz und finanziellen Verbraucherschutz für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er betonte die große Relevanz einer besseren Finanzbildung, um weite Bevölkerungskreise in die Lage zu versetzen, Altersvorsorge und Finanzfragen eigenständig zu regeln. In der Vergütungsdiskussion hatten sich die Grünen eindeutig für einen Wechsel von der Provisions- zur Honorarberatung ausgesprochen. „Das Mindeste wäre, einen echten Wettbewerb der Vergütungssysteme herzustellen“, zeigt sich Schmidt kompromissbereit. Dies sei bei weitem noch nicht der Fall, da derzeit auf einen Honorarberater 158 mit dem Provisionssystem kämen. Zu echtem Wettbewerb gehört für Schmidt, die Kostentransparenz über Nettotarife auszuweiten und eventuelle Schwachstellen von Honorarordnungen zu beseitigen. Der Nachteil einer Umsatzsteuerpflicht für ein Honorar im Vergleich zur umsatzsteuerbefreiten Provision könne unter der Prämisse eines fairen Wettbewerbs nicht bestehen bleiben. Schmidt sprach sich zudem für eine materielle Prospektprüfung seitens der BaFin aus und befürwortete die Aufsicht der Behörde über die rund 38.000 Finanzanlagenvermittler die in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht umgesetzt werden konnte. „Wir möchten diese Frage weiter aufbohren, wir sehen Interessenkonflikte, wenn die Aufsicht gleichzeitig auch die Interessenvertretung der Vermittler darstellt“, begründete Schmidt seine Position, räumte aber zugleich ein, dass die betroffenen Vermittler nicht mit zusätzlichen Kosten belastet werden sollten. In der Diskussion mit offener Kritik der AfW-Fördermitglieder zeigte sich der Grünen-Politiker zugänglich für die seitens des AfW begründeten Argumente, die für eine Beibehaltung der funktionierenden Aufsicht der Kammern sprechen, auch wenn Schmidt zumindest die Eignung der Gewerbeämter infrage stellte.
Zum Thema Riester plädierte Schmidt gemäß Sondierungspapier für ein neues Fördersystem mit einem neuen Namen, inklusive eines Bestandsschutzes für die mehr als 16 Millionen Riester-Verträge. „Das Vertrauen in die private Altersvorsorge muss wieder hergestellt werden“, soll laut Schmidt ein Leitthema der kommenden Legislaturperiode werden.
Weiter auf Seite 2