Noch steht die Börsenampel auf Grün
11.01.2018
Stefan Wallrich, Vorstand Wallrich Wolf Asset Management AG/ Foto: © Wallrich Wolf Asset Management AG
Nicht fehlen darf natürlich der Hinweis, dass die Assetklasse Aktien äußerst schwankungsanfällig ist, was nach einem außergewöhnlich ruhigen Jahr 2017 selbstverständlich auch weiterhin gilt. Insofern sind Dividendentitel bei weitem nicht mehr so attraktiv wie noch vor einigen Jahren, da den reduzierten Chancen nach wie vor die Gefahr hoher Kursschwankungen gegenüberstehen.
Unterschätztes China-Risiko
Das Hauptrisiko für den Aktienmarkt – innerhalb der heute bekannten Risikofaktoren – liegt wohl in der kreditfinanzierten chinesischen Wohnimmobilien- und Infrastrukturblase. Die Situation erinnert an das Jahr 2007, den Vorabend des US-amerikanischen Immobiliencrashs.
Eine Rückblende: Vor fast exakt zehn Jahren präsentierte einer der damals profiliertesten Chefstrategen auf einer Veranstaltung in Frankfurt seinen Jahresausblick. In seinem insgesamt hervorragenden Vortrag fand das Thema „US-Häusermarkt“ an keiner Stelle Erwähnung. Unsere Frage an den Referenten lautete daraufhin: „Sehen Sie denn gar keine Gefahr, die durch das mögliche Platzen der US-Hausmarkt-Blase für die Börse resultieren könnte?“ – Antwort: „Doch, natürlich! Das ist die größte Gefahr für den Aktienmarkt im kommenden Jahr. Da dies allerdings inzwischen jeder weiß, habe ich die entsprechende Folie gelöscht, weil meine Aufgabe darin besteht, neue Denkanstöße zu vermitteln.“
Ähnlich verhält es sich heute mit China. Jeder weiß eigentlich, dass die staatlich orchestrierte und von den chinesischen Banken finanzierte Blase irgendwann platzen könnte. Dennoch ist es seit der Jahreswende 2015/2016, als China vermutlich auf der Kippe stand (die chinesische Aktienbörse wurde aufgrund zu heftiger Kursrückschläge kurzerhand vom Staat geschlossen und Aktienverkäufe verboten!), recht ruhig um dieses Risiko geworden. Andere Themen, wie etwa Trump oder diverse geopolitische Risiken sind dagegen verstärkt in den Fokus der Börsianer gerückt – und zwar ohne dass sich die klaren Anzeichen für ein Platzen der China-Blase abgeschwächt hätten.
So steht beispielsweise der chinesische HNA-Konzern, der mittels umfangreicher Kreditfinanzierung auf weltweite Shoppingtour gehen konnte, vor dem Kollaps. Auch einige Versicherungen, wie zum Beispiel Anbang, die bei Firmenübernahmen und großen Immobiliendeals zuletzt regelmäßig auf der Bieterseite aufgetaucht sind, haben sich vermutlich verhoben. Dies ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges, aber eine HNA-Pleite könnte durchaus auf andere Konzerne aus der chinesischen Finanzindustrie (Banken, Versicherungen, Holdings) überschwappen und eine Kapitalflucht aus China auslösen.
Ohnehin hat das Vertrauen in das Accounting der chinesischen Firmen aufgrund diverser Bilanzskandale in den letzten Jahren gelitten. Böse Zungen behaupten gar, dass die Unternehmen aus dem Land des Lächelns drei Bilanzen erstellen würden. Die erste für sich selbst, um die wahre Situation zu kennen, die zweite für die US-Börsenaufsicht SEC und die dritte für das chinesische Finanzamt.
Konsequenzen: Die Börsenampel stehen zunächst noch auf Grün. Gleichwohl müssen die Renditeerwartungen für die Assetklassen Aktien zurückgeschraubt werden. Zudem drohen in den kommenden Jahren höhere Schwankungen.
Kolumne von Stefan Wallrich, Vorstand der Wallrich Wolf Asset Management AG mit Sitz in Frankfurt am Main