Mutiges Handeln erwünscht
16.03.2021
Jörg Arnold, CEO der Swiss Life Deutschland / Foto: © Swiss Life
finanzwelt: Eigentlich ist es ja so, dass gerade die unteren Einkommensschichten, die auf zusätzliche Vorsorge dringend angewiesen wären, sich diese gar nicht leisten können. Wie lässt sich dieser Teufelskreis durchbrechen? Arnold» Der Zusammenhang zwischen verfügbaren Einkommen und möglichen Sparraten ist offensichtlich. Als Gesellschaft sollten wir ein Interesse daran haben, allen Menschen eine auskömmliche Rente zu ermöglichen. Zusätzliche Förderungen für Geringverdiener und die Umverteilungsinstrumente der Sozialpolitik können immer nur noch den Charakter einer Schadensbegrenzung haben. Auch hier ist beispielsweise die Riester-Rente besser als ihr Ruf. Eine junge Kundin mit einem beispielhaften Bruttoeinkommen von 30.000 Euro im Jahr und einem Kind könnte bei einer Einzahlung in Höhe von 725 Euro in die Riester-Rente 475 Euro Zulagen vom Staat erhalten und sich damit eine Förderquote von über 65 % im Jahr sichern. Zum anderen brauchen wir eine qualifizierte und gut ausgebildete persönliche Beratung, die ganzheitlich auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingeht und passende Vorsorge-Lösungen identifiziert. Die Menschen müssen befähigt werden, sich um ihre Altersvorsorge zu kümmern. Diese wichtige Aufgabe übernehmen in Deutschland leider nur noch weniger als 200.000 Beraterinnen und Berater. Wir sind also angehalten, das Berufsbild wieder attraktiv zu machen. Daran arbeiten wir bei Swiss Life mit großem Erfolg.
finanzwelt: Muss das gesamte Konstrukt Alterssicherung vor allem angesichts der demografischen Entwicklung vielleicht völlig neu durchdacht werden – etwa über ein kapitalstockorientiertes, aber staatlich beaufsichtigtes Rentenkonto? Arnold» Der Aufbau eines staatlich beaufsichtigten Rentenkontos wirft vielfältige, ordnungspolitische Fragen auf: Ein staatlicher Kapitalstock, wenn er denn über Zwangsbeiträge bedient wird, würde über kurz oder lang veritable Vermögensmassen anhäufen. Deren Veranlagung wiederum würde zahlreiche Interessenskonflikte aufwerfen: Darf ein solches Vehikel derzeit negativ verzinste Bundesanleihen kaufen – was für Vater Staat eine günstige Refinanzierungsquelle, für den einzelnen Versorgungsempfänger aber möglicherweise ein schlechtes Geschäft wäre? Meines Erachtens nach ein klarer Interessenskonflikt. Der Staat ist nicht der bessere Kapitalverwalter. Zudem braucht eine kapitalstockbasierte Anlage, insbesondere wenn sie einen hohen Aktienanteil hat, eine extrem ruhige Hand. Ich habe große Sorge, dass in Zeiten stark fallender Börsen der politische Druck groß wird, aus den Aktien heraus zu gehen und Verluste zu begrenzen. Gerade das hat sich aber oft als völlig falsche Strategie herausgestellt. (hdm)