LV-Solvenzquoten: 837 Prozentpunkte Differenz

19.06.2020

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Vergleich ist schwierig

Reinhard Klages mahnt aber, dass die aufsichtsrechtlich relevanten Solvency-II-Quoten einschließlich aller Übergangsmaßnahmen nicht direkt miteinander verglichen werden könnten. „Quote ist nicht gleich Quote. Je nachdem, wie die Quote ermittelt wurde, kann das Ergebnis leicht um mehrere hundert Prozent abweichen.“ Den verschiedenen Berechnungsformeln trägt der map-report 915 Rechnung. So wird die Solvabilitätsquote sowohl mit Volatilitätsanpassungen und Übergangsmaßnahmen als auch ohne jegliche Hilfsmaßnahmen abgebildet.

"Die Risikomessung unter Solvency II ist dem alten Regime methodisch überlegen“, gibt Michael Franke, Herausgeber des map-report, zu bedenken. Die Überlegenheit zeige sich beispielsweise bei der Bewertung von Biometrieversicherern wie Credit Life, Dialog oder Hannoversche, so Franke. Diese Gesellschaften erzielten nach der alten Methode von Solvency I relativ niedrige Solvenzbedeckungen. Nach dem neuen, risikoorientierten Solvency II zählten sie zu den Gewinnern.

Laut Franke tauge die SCR-Quote trotzdem nicht als isolierter Vergleichsmaßstab: „Wie jede Kennzahl kann auch die Solvenzquote nur ein Merkmal von vielen zur Unternehmensbewertung sein. Sie ersetzt weder ein klassisches Rating, noch sagt sie etwas über Produktqualität aus. Es bleibt eine zentrale Aufgabe von Vermittlern, ihre Kunden im jeweiligen Einzelfall über Besonderheiten zu informieren.“ Solvency II sei zudem mit Unsicherheiten behaftet. So beruhe die Berechnung der zukunftsorientierten Risikotragfähigkeit auf Extrapolationen, für die zahlreiche Annahmen getroffen würden und es bleibe abzuwarten, wie sich die Überprüfung der Rahmenbedingungen von Solvency II vor allem bezüglich der langfristigen Garantien auf die Quoten auswirken werde.

Große Differenzen auch bei MCR

Entscheidend für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs eines Lebensversicherers ist die MCR-Quote (Minimum Capital Requirement = Minimumsolvenzkapital). Diese Quote definiert die Kapitaluntergrenze und wenn sie unterschritten wird, verliert der Versicherer die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. Wenn bereits eine Unterdeckung vorliegt oder diese in den folgenden drei Monaten wahrscheinlicher ist als die Erfüllung, muss das betroffene Unternehmen die Aufsichtsbehörden informieren und einen Finanzierungsplan vorlegen. Zudem müssen die Eigenmittel aufgestockt und/ oder das Risikoprofil verändert werden. vorlegen. Die MCR-Bedeckungsquote der Lebensversicherer (inklusive VA und ÜM) schwankt noch stärker als die SCR-Variante. So weist die Europa mit 3.292,9 % den höchsten Wert auf, die Rheinland mit 353,7 % den niedrigsten. Sieben Lebensversicherer verfehlen ohne Übergangshilfe sogar deutlich die 100 %-Hürde. Von diesen Gesellschaften zeichnen drei kein Neugeschäft mehr.

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