Immobilienmarkt von Corona bislang wenig tangiert
27.04.2020
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Welche Folgen hat die Corona-Krise?
Seit Mitte März ist das Wirtschaftsleben in Deutschland massiv eingeschränkt. Innerhalb der Immobilienbranche wird heftig darüber diskutiert, in wie weit die Coronakrise Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben wird. Weil die aktuelle Situation jedoch völlig neu ist und man deshalb auf keine früheren Erfahrungen zurückgreifen kann, wurden viele Vermutungen völlig „aus dem Bauch heraus“ geäußert und unterscheiden sich deshalb zum Teil extrem voneinander. F+B ist deshalb im Rahmen der Arbeiten am Wohn-Index für das erste Quartal als Sonderthema der Veröffentlichung auf empirischer Basis nachgegangen. Dabei wurden die Bundesländer, der sich daraus ergebende Bundesdurchschnitt sowie die Top 7-Standorte betrachtet. Der Untersuchungszeitraum war dabei die 10. bis zur 16. Kalenderwoche (Anfang März bis Mitte April). Das zeitliche Scharnier für die vorher-nachher-Betrachtung ist die 12. Kalenderwoche, zu deren Beginn die Entscheidung für die deutlichen Beschränkungen des öffentlichen Lebens fiel.
Die Untersuchung zeigt, dass zwischen der 10. und der 15. KW die Anzahl der neu annoncierten Mietwohnungen um ca. 38 % abnahm. Die Entwicklung ist in ihrem Verlauf durch deutliche Schwankungen geprägt. Ab der 16. KW stabilisierte sich die Anzahl wieder leicht. Dennoch gab es im Vergleich zur 10. KW ein negatives Delta von 15 %. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den sieben deutschen Städten, wo in der 15. KW ebenfalls der größte Einbruch der Mietannoncen zu beobachten war. Gegenüber dem Ausgangswert betrug das Delta hier 40 Prozentpunkte. Jedoch wurden davon eine Woche später bereits 28 Prozentpunkte aufgeholt. Deutlich gleichmäßiger verlief hingegen die Entwicklung der Miethöhen pro Monat, gemessen in Euro je Quadratmeter Wohnfläche. So war diese lediglich von kleine Ausschlägen geprägt und im betrachteten Zeitraum sind lediglich Schwankungen von - 0,2 und + 2,2 Prozentpunkten zu verzeichnen. „Somit lassen sich bei der Analyse der Mietpreisentwicklung keine bzw. kaum „Corona-Effekte“ erkennen“, erklärt Dr. Bernd Leutner.
Dies wird auch bei der Betrachtung der Mietpreisentwicklung in den Top 7-Standorten bestätigt. Während in der 10. KW die Durchschnittsmiete hier noch 16,45 Euro betrug, waren es in der 16. KW nur noch 16,12 Euro, ein Rückgang um 3 %. Auch innerhalb der Städtegruppe verlief die Entwicklung sehr unterschiedlich. „Wir beobachten, dass der Spielraum bei der Gestaltung von Miethöhen offenbar deutlich geringer ist als bei Preisen von Eigentumswohnungen. Anders ausgedrückt: Vermieter verzichten eher auf die sofortige Vermietung als unverzüglich einer kommenden negativen Wirtschaftsentwicklung vorauseilend, die Miethöhe zu reduzieren. Weder sind in hohem Maße Preisanpassungen nach oben zu beobachten, die sich durch partielle Verknappungstendenzen hätten ergeben können, noch sehen wir in breitem Rahmen eine ‚Discountmentalität‘ zur Vermarktung in diesem schwierigen Marktumfeld“, so Leutner.
Wirkungen auf die Märkte von Eigentumswohnungen
Im Vergleich mit der Entwicklung der durchschnittlichen Angebotsvolumina von Eigentumswohnungen in Deutschland lagen die Werte der TOP 7-Standorte zwischen der KW 10 und der KW 15 stets unter den gesamtdeutschen Werten: Im Schnitt schrumpften die Angebotsvolumina neuer ETW-Annoncen in den sieben größten deutschen Städten etwas stärker als im bundesdeutschen Durchschnitt. Besonders auffällig war dieser Trend in den Kalenderwochen 13 und 14, hier wurden in den TOP 7-Standorten 4,4 % bzw. 8,3 % weniger Wohnungen angeboten als bundesweit. „Bei der Angebotsentwicklung von ETW im Untersuchungszeitraum zeigten sich eindeutige ‚Corona-Effekte‘“, stellt Dr. Bernd Leutner fest. Es zeigt sich, dass im deutschlandweiten Durchschnitt das Preisniveau zwar schwankte, aber zumindest am Ende des Messzeitraumes nicht absackte – im Gegenteil. In der 16. KW lag das bundesweite Preisniveau 2,6 Indexpunkte höher als am Ausgangspunkt der Messung Anfang März. In Preisen ausgedrückt bedeutete dies einen leichten Anstieg von ca. 3.700 Euro/m²/Monat in KW 10 auf ca. 3.800 Euro /m²/Monat in KW 16 im Bundesdurchschnitt. Der gemittelte Preis für eine Eigentumswohnung lag im Betrachtungszeitraum bei 3.759 Euro/m²/Monat. Das Preisniveau der Top 7-Standorte lag naturgemäß deutlich höher: Die Entwicklung der nominalen Durchschnittspreise für ETW verlief überwiegend gradlinig. Von der KW 10 zur KW 15 allerdings war bei den Preisen ein deutlicher Anstieg von durchschnittlich rund 6.600 Euro /m² in KW 10 auf rund 7.700 Euro/m² in KW 15 zu beobachten. Danach verringerten sich die Preise wieder bis auf etwa 6.900 Euro/m², allerdings bei deutlichen Unterschieden zwischen den Städten. „Insgesamt warnen wir nachdrücklich vor Panikmache und vorschnellen Schlussfolgerungen ‚aus dem Bauch‘ auf der Grundlage scheinbar plausibler Hypothesen. Die Immobilien- und insbesondere die Wohnungswirtschaft funktionieren nicht nach Art der Aktienmärkte, wo äußerst kurzfristige Reaktionen auf weltpolitische und ökonomische Entwicklungen abzulesen sind. Wohnungsmärkte sind auch heute noch eher träge, so dass Indikatoren erst zeitverzögerte Messergebnisse zeigen“, fasst Dr. Leutner zusammen. (ahu)