Gesundheit ist ein hochemotionales Thema

19.08.2019

Nina Henschel, R+V (links oben) | Matthias Gaißer, die Hallesche (links unten) | Roland Roider, die Haftpflichtkasse (rechts oben) | Niko Becker, BIG (rechts unten) / Foto: © finanzwelt

Gaißer» Ich glaube nicht, dass der Makler Angst vor dem Thema hat. Ich sehe ein gigantisches Potenzial für Pflegevorsorge. Die Statistiken geben das eindeutig her, weil wir vom Kundenpotenzial, von der Versorgungslücke her, einen riesigen Bedarf haben: Zwei von drei Frauen werden in ihrem Leben zum Pflegefall, einem von zwei Männern geht es ebenso. Das Problem ist, dass der klassische Vermittler einen riesigen Bauchladen hat. Der geht bei Immobilien los und jetzt kommt auch noch die Pflege dazu. Natürlich ist es so, dass, wenn Sie sich als Berater mit dem Thema nicht intensiv beschäftigt haben, keine Schulungsmaßnahmen gemacht haben, Sie dann das Thema auch aus Unsicherheit meiden.

Becker» Pflege-Bahr gibt es schon seit gefühlt 100 Jahren. Wie viel haben Sie in Ihrem Bestand?

Gaißer» Wir sind vorwiegend im Maklermarkt unterwegs, da spielt der Pflege-Bahr eine untergeordnete Rolle.

Becker» Da hat man ja schon die Antwort. Wenn der Makler ein Produkt nicht anbietet, das eigentlich von den Kosten her überschaubar ist, wie soll man dann etwas Teureres verkaufen?

Gaißer» Der Makler sieht das Top Luxus Pflegetagegeld-Produkt und das leistungsärmere Pflege-Bahr-Produkt. Dann greift er in der Regel erst mal zum mit Leistung viel besser ausgestatteten Pflegetagegeld.

Henschel» Das ist ja auch grundsätzlich ok. Ich glaube nur, dass beim Thema Pflege viele an den sabbernden, vor sich hinvegetierenden Menschen denken und gar nicht daran, dass es da noch um einige gute Jahre geht. Es ist ja nicht jeder direkt ans Bett gefesselt, nur, weil er pflegebedürftig ist. Es gibt viele Pflegegrade, die hier durchaus zum Tragen kommen und in jeder dieser Stufen kann es für den Betroffenen schnell finanziell eng werden. Das haben die Leute aber meistens nicht auf dem Schirm. Ich glaube, man muss sich davon verabschieden, dass die Pflege automatisch etwas Schlimmes ist und das Ende der Welt bedeutet. Es geht tatsächlich noch um ein gutes Leben, das man über mehrere Jahre absichern muss.

Gaißer» Also, die Produkte sind ja attraktiv. Da darf im Grunde kein Makler mehr einen Kunden aus seinem Büro ohne Police raus lassen. An der Qualität der Produkte kann es jedenfalls nicht liegen.

Henschel» Es geht beim Thema Pflege ja nicht nur um Geld: Da fangen auch oft Familienstreitigkeiten an. Wenn da keine gute Pflegeversicherung vorhanden ist, kommt schnell die Frage auf, wer sich um Oma oder Opa kümmert – und plötzlich hat keiner Lust darauf.

finanzwelt: Das stimmt. Deswegen ran an die Buletten. Pflegeversicherungen decken einen großen Bedarf und warten nur darauf, vermittelt zu werden. Ich bedanke mich bei Ihnen für das sehr interessante Gespräch. (lvs)