Gamestop oder Spiel aus?
01.03.2021
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Aber es ist auch ein Zeichen für den aktuellen Zustand der Börsen. Vergleiche mit der Technologieblase von 2000 sind angebracht. Wieder drängen junge, unerfahrene Anleger (mit Zockermentalität) in Scharen an die Märkte. 2020 wurden etwa 1,5 Mill. neue Depots bei Online-Brokern eröffnet. Gamestop, QuantumScape, Ballard Power, DocuSign, NEL, PlugPower, Square, Calix, Cannabis usw. sind die aktuellen “Renner”. Aber auch Delivery-Hero oder Tesla jagen von einem Hoch zum anderen. Viele dieser Gesellschaften haben noch nie einen Gewinn erwirtschaftet, aber deren Börsenkurs hat sich schon vervielfacht.
„Die Stories“ begeistern die Börsianer, die in dieser Phase das extreme Risiko ausblenden. Es läuft doch. Sie kaufen die Phantasie, als ob Geldverbrennen „cool“ wäre. Wie im Jahre 2000. Aber da waren ja auch etliche der heutigen Anleger noch nicht auf der Welt oder noch im Kindergarten. Die jungen Börsianer kennen vor allem den Preis, nicht den Wert (frei nach Oscar Wilde).
Altmeister Jeremy Grantham sieht ebenfalls wachsende Kursrisiken und gibt eine Empfehlung: Beobachten Sie Tesla! Wenn der Trend nach unter dreht, ist das ein Warnsignal für die Aktienmärkte. Aber solche Euphorie-Phasen können sich zeitlich ausdehnen. Das gibt den Anlegern Mut. Sie glauben „schnell“ genug zu sein, um eine Trendumkehr zu erkennen und zu verkaufen. Einigen wird es auch gelingen, der Masse nicht. Manche lernen eben durch zuhören und nachdenken, die anderen durch Erfahrung.
Die fundamentale Seite entwickelt sich zu einem explosiven Gemisch. Man hat den Eindruck, je schlechter die Nachrichten werden, umso höher steigen die Aktienkurse. Die Weltschulden wuchern mit noch nie dagewesenen Wachstumsraten. Um diesen Schuldenberg finanzieren zu können, müssen die Notenbanken die Zinsen niedrig halten, obwohl die Inflationsgefahr wächst. Seit dem 2. Quartal 2020 erhöhen sich die Preise für Öl, Kupfer oder Eisenerz, aber auch für Lebensmittelrohstoffe wie Weizen, Soja oder Zucker. Preisanstieg seitdem etwa zehn Prozent. Auch die Preise für Sachwerte wie Aktien, Edelmetalle oder Immobilien steigen, wobei sich allerdings nur Letztere in den Lebenshaltungskosten (Wohnkosten) niederschlagen.
Welche Folgen diese Entwicklung haben wird, lesen Sie auf Seite 3