Es muss eben menscheln

13.12.2019

Schulz-Jodexnis: Das ist aber auch ein eher älteres Konzept: Der Kunde muss zum Seminar kommen. Also nichts von wegen Digitalisierung oder von wegen der Kunde macht alles über das Smartphone. Aber an vielen Stellen geht das eben nur so. In unserem Bereich sollte man diese Andersartigkeit berücksichtigen. Wie sehen Sie das? Wie kommen wir wieder an den Kunden ran, wie bekommen wir den Vertrieb wieder motiviert? Ich finde das einen ganz wichtigen Aspekt, dass der Kunde, auch ganz vermögende Kunden, die gar nicht wissen, welche Möglichkeiten die haben, weil sie einfach die Geschäftsmodelle nicht kennen. Kunz» Ich habe eben den Vermittlern etwas Unrecht getan: Er kommt mit der Flut an Auflagen, die er zu erfüllen hat, nicht mehr klar. Wie kann er unser Produkt, damit meine ich USA, verkaufen? Das ist immer schwer. Entweder wir haben den falschen Präsidenten oder einen Krieg etc. Der Vermittler steht nun, wenn er dieses Produkt verkauft, einem Kunden gegenüber, der nichts über die Risiken wissen will. Wenn der sich einen Prospekt einer Vermögensanlage oder einem AIF durchliest, da zeichnet er gar nix mehr. Das ist ja der schlimmste Beipackzettel, den man bekommen kann. Aber der Kunde muss das nun mal lesen. Ganz egal, welches Produkt wir verkaufen: Wir müssen bereit sein, hart mit dem Vermittler zu arbeiten und ihm damit dann beim Kunden zu helfen.

Schulz-Jodexnis: Ich möchte dem beipflichten. Wir haben auch diese Erfahrung gemacht. Da geht es um Krisenmanagement, darum, dem Kunden zur Seite zu stehen, wenn mal was ist. Wir haben die Anbieter auch gequält, dass die Kunden zur Not da auch rauskommen. Mir ist aber ein Punkt noch mal ganz wichtig: Diese Ideen von Exporo und Co., die kommen da sehr sympathisch, ohne Auflagen zum Kunden durch und machen damit auch nicht gerade kleine Umsätze. Aber Vertrauen ist nicht digitalisierbar, oder? Sehen wir die Digitalisierung eigentlich noch als ein Mittel zum Zweck oder als Bremsklotz? Hipp» Da gebe ich Ihnen vollkommen recht Vertrauen ist nicht digitalisierbar. Letzten Endes wird weiterhin von Mensch zu Mensch verkauft. Digitalisierung soll eine Unterstützung sein. Der Berater geht zum Anleger und spricht mit ihm das Thema durch. Der eigentliche Prozess, das ist ja eine Flut von Papier, die man hier auszufüllen hat. Das kann der Berater nun bequem mit dem Kunden zusammen digital durchgehen. Danach, wenn alles für den Kunden passt, kann dieser einfach per eSign unterzeichnen. Dann ist der Prozess ideal digitalisiert. Aber der Anleger wird niemals irgendetwas kaufen, nur weil es digital möglich ist. Das Vertrauen muss schon da sein. Kunz» Ich glaube nicht, dass der Vermittler jemals ersetzt wird. Aber die Kunden, alt wie jung, haben inzwischen Apple-Watch und Co. Wenn der Kunde durch die persönliche Ebene interessiert am Produkt ist, und der Vermittler dann in der Lage ist, aufgrund einer professionellen Abwicklung das zum Ende zu bringen, dann ist der erfahrene Kunde auch bereit zu zeichnen. Wenn dann allerdings der Vermittler, der nicht über diese Tools verfügt, dasteht wie vor 20 Jahren, dann hat er ein Problem. Wagner» Sehe ich genauso. Bei komplexen Dingen kommen wir an der Beratung, am persönlichen Kontakt und dem notwendigen Beziehungsaufbau nicht vorbei. Es muss eben menscheln. (fw)