Ein Stück vom Immobilien-Kuchen
15.12.2021
(v.l.n.r) Lenard von Stockhausen, Chefredakteuer der finanzwelt, Rauno Gierig, Geschäftsführer der Verifort Capital Group GmbH und Sebastian Engel, CSO der Alpha Real Estate Holding GmbH / Foto: © Sabrina Henkel
finanzwelt: Wobei Bauen auch politisch gewollt sein muss. Ich kenne das von Berlin. B-Plan-Änderung kriegst du nicht durch, weil Berlin ja immer noch hofft, dass Gewerbe käme zurück. Solange Berlin aber den höchsten Gewerbehebelsteuersatz in dieser Region hat und alle umliegenden Gemeinden den niedrigsten, wird das Gewerbe nicht zurückkommen. Das heißt, Berlin hat wahnsinnig viele Gewerbeflächen, die nicht zu Wohnraum umgeändert werden dürfen. Und wenn es dann endlich mal durch ist, kommen Anlieger, die sagen: „Nee, das Tempelhofer Feld wollen wir lieber doch ohne Immobilien haben.“ Deswegen dreht sich das alles im Kreis. Aber allein in Berlin fehlen zigtausende Wohnungen. Wie kann denn adäquater Wohnraum oder Wohneigentum geschaffen werden? Engel» Beispielsweise Baugenehmigungsverfahren durch digitale Lösungen beschleunigen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Fördermittel zur Entlastung des Mietniveau vorantreiben. Eine weitere wichtige Rolle ist, zu welchen Preisen derzeit gebaut wird bzw. gebaut werden kann.
finanzwelt: Inwieweit profitiert euer Geschäftsmodell da vom Gesamtmarkt? Engel» Wir haben einen ganz anderen Fokus, wir investieren nicht in Spitzenlagen. Unser Ankaufsprofil liegt auf Immobilien an B-/C-Standorten und Städte in Metropolregionen. Für uns ist es wichtig, dass die Infrastruktur stimmt. Wir wagen uns an Immobilien, wo noch Investitionen getätigt werden müssen und/oder in der Vergangenheit die Mieten nicht entwickelt wurden. Hierbei achten wir stets darauf, dass wir uns im gesetzlichen Rahmen bewegen und komplett sozialverträglich agieren.
finanzwelt: In Berlin beschweren sich die Leute, dass sie nicht mehr innerhalb des S-Bahn-Gürtels für sechs Euro wohnen können. Engel» Es gibt Menschen, die den Anspruch haben, in sanierter Bestlage zu wohnen, aber nicht bereit sind, mehr Geld dafür auszugeben. Für mich entschließt sich das jeglicher Logik.
finanzwelt: Und wir wollen die Energiewende – auch da werden neue Kosten entstehen. Engel» Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Auf der einen Seite will jeder energetisch sanieren und am Ende müssen es die Mieter doch mitbezahlen. Da muss jeder sein Päckchen der Verantwortung tragen. Nur gemeinsam schaffen wir es ins Ziel. Gierig» Ganz pragmatisch: Du hast ein Mehrfamilienhaus und dann hast du da eine Partei, die schon über 30 Jahre dort wohnt und 3,50 Euro zahlt. Dann wird eine Wohnung frei, die sanierst du und der Mieter zahlt 15 oder 20 Euro. Das ist gefühlt irgendwie ungerecht.
finanzwelt: Der Mietendeckel war ungerecht. Warum? Die Leute ohne Geld haben gar nicht davon profitiert. Ab zehn Euro pro Quadratmeter freuen sich nur die Leute am Ku‘damm mit ihrer 200-Quadratmeter-Altbauwohnung. Da reicht es nämlich nochmal für einen zweiten Porsche Panamera! Engel» Mietendeckel bei acht Euro? Ganz ehrlich, Vonovia liegt, glaube ich, bei 6,50 Euro über ihr komplettes Produkt in Berlin. Da hat keiner jemandem wehgetan. Da war sogar noch 1,50 Euro Luft.
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