Ein Stück vom Immobilien-Kuchen

15.12.2021

(v.l.n.r) Lenard von Stockhausen, Chefredakteuer der finanzwelt, Rauno Gierig, Geschäftsführer der Verifort Capital Group GmbH und Sebastian Engel, CSO der Alpha Real Estate Holding GmbH / Foto: © Sabrina Henkel

finanzwelt: Man kann aber eines sagen: Die Kaufpreise steigen schneller als die Mieten. Gierig» Aber es ist nicht komplett losgelöst von Wirtschaftsdaten, oder? Und last but not least: Der Faktor Anleger verhalten sich irrational und spekulativ? Das glaube ich in der Breite auch nicht. Engel» Natürlich nicht, denn so einen transparenten Markt wie heute in Deutschland gab es noch nie! Jedes Detail kann im Internet recherchiert werden die Preise sind genau zu tracken. Eine ganz andere Realität als noch vor 10 bis 15 Jahren. Gierig» In Spanien wurden außerhalb von Madrid ganze Städte aus dem Boden gestampft. Das sehe ich in Deutschland auch nicht. Wenn ich mir die sechs Punkte mal anschaue, dann sind die Zinsen niedrig und wir haben ein geringes Wirtschaftswachstum. Aber die restlichen Punkte? Und für ausländische Investoren sind wir im Vergleich zu London, Paris oder Barcelona selbst im preislich stark angezogenen Berlin noch spottgünstig. Engel» Viele Menschen in Deutschland denken, unsere Hauptstadt sei überhitzt. Dabei ist es nur knapp 20 Jahre her, da war europaweit lediglich Tirana, die Hauptstadt von Albanien günstiger. Mittlerweile sind wir mit unseren Wohnraumpreisen im mittleren Drittel angekommen, bei weitem noch nicht ganz vorn. Warschau, Prag, London, Paris – alles Städte mit deutlich höheren Preisen und Mieten. Deswegen sehe ich das genauso: Wir haben als eines der weltweit wirtschaftsstärksten Länder starken Aufholbedarf. Wenn wir unsere Wirtschaft dagegenstellen, wo wir immer unterhalb der TOP drei im Im-/Export Bereich sind, hinken wir im Wohnimmobilien-Segment hinterher. Gierig» Du kaufst dir mit einer Immobilie einen Standort in einer Volkswirtschaft ein. Wenn Wirtschaft da ist, werden auch Mieten gezahlt und dann ist auch die Nachfrage da.

finanzwelt: Rot-Rot-Grün ist ja Gott sei Dank nicht gekommen. Wahrscheinlich haben wir nun die Ampel. Sind das gute Aussichten für das Schaffen von neuem Wohnraum und generell für den Immobilienmarkt? Engel» Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir nicht mehr über den Mietendeckel sprechen. Ich glaube, die drei Parteien ergänzen sich insgesamt ganz gut. Mal schauen, ob sie das Ziel der 400.000 prognostizierten Wohneinheiten zu errichten, auch umsetzen können. Gierig» Nach der Ampel haben sich ja der Markt und die Wirtschaft wieder etwas beruhigt. Zum Glück ist es nicht Rot-Rot geworden. Es gab einen Befreiungsschlag und die Börsen haben wieder etwas angezogen. Wir haben jetzt drei konträre Lager, die unter einen Hut müssen. Rot-Grün stehen für eine Regulierung des Marktes mit unterschiedlichen Ausprägungen – bei der SPD das Soziale, bei den Grünen das Ökologische. Auf der anderen Seite habe ich eine freiheitliche, demokratische Partei, die eine Marktwirtschaft und Unternehmertum fördern will. Das prallt voll aufeinander. Und viele Investoren sind nicht unbedingt bereit, den ökologischen Wandel mitzutragen. Aber das wird sich ändern. Der Markt kann sich entfalten und wir müssen keine gesetzlichen Knebelverträge fürchten.

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