Ein Jahr Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung: ein Überblick

15.10.2021

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Im Grundsatz gilt, dass das gesamte Gespräch aufzuzeichnen ist. Problematisch kann der Umfang dieser Pflicht jedoch dann werden, wenn während des Gesprächs beispielsweise auch über Privates gesprochen wird. Denn das Recht des Vertriebs zur Verarbeitung personenbezogener Daten umfasst streng genommen nur solche Daten, die im Zusammenhang mit der Dienstleistung der Anlageberatung oder der Anlagevermittlung stehen. Besondere Beachtung sollte der Finanzvermittler dem Datenschutz insbesondere auch dann beimessen, wenn die Abspeicherung und Hinterlegung der Aufzeichnungen von externen Dienstleistern übernommen werden soll. Soweit Unsicherheiten über Art und Umfang sowie die datenschutzrecht liche Dimension der Aufzeichnungspflicht bestehen, sollte daher im Zweifel stets anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Generell sollten die gebotenen Aufzeichnungen keinesfalls unterlassen werden. Denn dem Taping kommt eine besondere Beweiswirkung in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess mit dem Anleger zu. Sofern der Vermittler eine von ihm aufzubewahrende Aufnahme nicht vorlegt oder vorlegen kann, wird die Behauptung des Anlegers, er sei in dem Telefonat fehlerhaft aufgeklärt oder beraten worden, im Zweifel als bewiesen angesehen. Der Finanzdienstleister verliert also den Prozess auch dann, wenn er tatsächlich ordnungsgemäß beraten hat.

Fazit und Ausblick

Die Änderungen der Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung stellen den Vertrieb insbesondere aus technischer und organisatorischer Sicht vor beachtliche Herausforderungen. Die Neuregelungen bringen dabei nicht nur aus aufsichtsrechtlicher Sicht neue Stolpersteine mit sich, sondern können den Vertrieb auch gerade im zivilrechtlichen Haftungsfall vor Probleme stellen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf die wachsende Kritik reagiert und gerade beim oftmals problematischen Taping nachbessert und konkretisiert. Positiv dürfte für den Vertrieb jedoch sein, dass die Überführung der Regelungen der FinVermV in das Wertpapierhandelsgesetz und der damit verbundene Aufsichtswechsel hin zur BaFin (jedenfalls zunächst) vom Tisch sein dürfte.

Expertentipp

Unabhängige Finanzvermittler sollten sich unbedingt einem Selbstcheck unterziehen, ob sie die neuen Anforderungen der FinVermV erfüllen und gegebenenfalls nachjustieren. Dies gilt insbesondere für die haftungsträchtige Pflicht zur Aufzeichnung telefonischer Vermittlungs- und Beratungsgespräche und sonstiger elektronischer Kommunikation. Wo Unsicherheiten oder Unklarheiten identifiziert werden, ist es ratsam, anwaltlichen Rat einzuholen.

Autor: Christian Herrmann Rechtsanwalt TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH