„Die fehlende Bekanntheit ist zugleich eine Chance“
15.04.2021
Jürgen Mertens, Gründer, CEO und Vorstand der Achtstein Invest AG / Foto: © Achtstein Invest AG
finanzwelt: Die Corona-Zeit hat gezeigt, dass vieles auch digital geht, gerade auch im Bereich der Geldanlage. Inwieweit könnte Ihrer Meinung nach der Crowdinvestingmarkt davon profitieren? Mertens: Als voriges Jahr im März der erste Lockdown kam, waren wir als Unternehmen schon bereit für den Markteinstieg. Da jedoch zeitgleich das Geschäft bei anderen Plattformen eingebrochen war, entschlossen wir uns, unseren Start zu verschieben. Wir haben die Zeit dann genutzt, um uns vor allem in Sachen Vermarktung noch besser aufzustellen.
Nach dem Schock des ersten Lockdowns hat man dann begonnen, die Pandemie als Chance zu betrachten. Wir hatten in Deutschland wirklich Nachholbedarf in puncto Digitalisierung, und das Virus sorgt für einen kompletten Umbruch in diesem Bereich. Die Menschen wollen nicht nur digital konsumieren, sondern schauen auch im Internet nach, wo sie investieren können.
Crowdinvesting ist natürlich für den Kunden etwas völlig anderes, als ein Sparbuch zu eröffnen. Wir wenden uns gezielt an Kunden, die selbst keine Investmentprofis sind. Deshalb haben wir unser erstes Produkt auch als Nachrangdarlehen und nicht als tokenisierte Anlage konzipiert. Blockchain ist sicherlich ein wichtiges Zukunftsthema, allerdings sehen wir bei Achtstein Invest auch die Risiken dieser Anlageform. Was passiert beispielsweise, wenn Menschen nach einem Passwortverlust nicht mehr an ihr Geld kommen? Gerade private Kleinanleger brauchen an dieser Stelle mehr Beratung.
finanzwelt: Ihr erstes Produkt ist die Finanzierung einer Doppelhaushälfte in Mönchengladbach. Welche Projekte planen Sie in Zukunft? Mertens: Unser erstes Investitionsobjekt bietet nicht nur eine gute Rendite, sondern es zeichnet sich auch durch eine Stahl-Leichtbauweise aus. In den USA und in Großbritannien gibt es diese Bauform schon seit Jahrzehnten, in Deutschland hat man hingegen meist nur Stein auf Stein gesetzt. Die Stahl-Leichtbauwiese bietet ähnliche Wärme-, Schallschutz- und Brandschutzeigenschaften sowie die gleiche Langlebigkeit wie die Steinbauweise, ist aber im Rohbau um 40 Prozent günstiger. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf den Mietpreis aus.
Gerade in der heutigen Zeit, in der viele Menschen insbesondere in Ballungsgebieten unter überhöhten Miet- und Kaufpreisen leiden, ist die Baukostenreduzierung ein großer Fortschritt. Unsere Kunden investieren also nicht nur in Rendite, sondern auch in die Zukunft. Wir suchen derzeit mit unserem Emittenten ein Grundstück, auf dem perspektivisch 100 bis 200 Häuser dieser Art gebaut werden können. Diese sollen dann entweder an institutionelle Investoren oder an Eigennutzer verkauft werden.
Eine von der Preisgestaltung her ähnliche Alternative zum Stahl-Leichtbau ist die Holzgerüstbauweise. Auch da haben wir ein entsprechendes Projekt in der Pipeline. Wir wollen uns mit solchen nachhaltigen Neubauthemen beschäftigen, aber auch mit ganz „normalen“ Wohnobjekten, sprich Doppelhaushälften. Auch stark foodlastiger Einzelhandel und Logistik sind für uns interessant. Aktuell haben wir zwei Anfragen von Logistikern.
finanzwelt: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Standorte für die neuen Projekte aus? Mertens: Wir prüfen da ganz ähnlich wie bei einer Bank. Bei neuen Objekten muss es nicht eine A-Makrolage und eine A-Mikrolage sein. Wir sind auch bereit, in B- und C-Makrolagen zu investieren. Es kommt auf Fragen wie Kaufkraftindex, Umsatzkennziffer und vor allem auch Bevölkerungsentwicklung an. Es geht auch um die Drittverwendungsfähigkeit und natürlich um den Standort und die Vermietungssituation.
finanzwelt: Inwieweit werden Sie mit Vermittlern zusammenarbeiten? Mertens: Wir arbeiten mit sogenannten Affiliates zusammen, die hierfür eine Provision erhalten. Sehr gerne suchen wir auch die Zusammenarbeit mit Vermögensverwaltern und -beratern. (ahu)