Das müssen Sie über digitale Wertpapiere wissen
23.04.2021
v. li. nach re.: Svenja Brinkmann, Senior Consultant, Frank Thole, Partner und Amadeus Maximilian Gryger, Consultant WEPEX Unternehmensberatung / Fotos: © WEPEX Unternehmensberatung
V. Die Herausforderungen
Bei allen Vorteilen hinsichtlich des Clearings und des Settlements sind auch datenschutzrechtliche Herausforderungen zu bewerkstelligen. Es ist kryptographisch etwa bislang nicht geklärt, wie die auf allen Nodes gespeicherte Transaktionshistorie DSGVO-compliant sein kann.
Des Weiteren ist zu erwarten, dass viele Player im Kampf um die Marktführerschaft ihre eigene DLT-Plattform für digitale Wertpapiere entwickeln werden. Dies birgt das Risiko, dass diese untereinander nicht kompatibel sind und der Markt fragmentiert. Damit träfe das Gegenteil von dem Grundgedanken der DLT ein: die Reduzierung der involvierten Parteien an sich und des Abstimmaufwands unter diesen. Verschiedene Initiativen versuchen derzeit bereits Marktstandards zu setzen (z.B. HyperLedger, R3 Corda).
Darüber hinaus herrscht gerade im regulatorischen Bereich noch viel Ungewissheit. Zwar wird die Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren zeitnah erwartet. Die technischen Details und Anforderungen an Kryptowertpapierregister dürften aber erst in den noch zu erstellenden Rechtsverordnungen konkretisiert werden. Zudem erschweren fehlende Standards (z.B. ISO Standardisierungen), Best Practices und Unsicherheiten beim Einbezug von aktuellen Regularien (wie z.B. Art. 26 MiFIR, MaRisk, BAIT) den Aufbau von Registern.
VI. Abgrenzung zu MiCA und MiFID II
Kryptowertpapiere sind, wie ihr Name bereits verrät, Wertpapiere im aufsichtsrechtlichen Sinne. Somit fallen sie einerseits unter den Anwendungsbereich der MiFID II, andererseits stellen sie aber auch Finanzinstrumente nach KWG dar. Kryptowerte nach MiCA sind Asset-Referenced Token, E-Money Token, Utility Token und Crypto-Assets im weiteren Sinne. All jene sind ausdrücklich keine Wertpapiere im aufsichtsrechtlichen Sinne und unterfallen somit auch nicht der MiFID II. Crypto-Assets im weiteren Sinne und Utility-Token sind indes Finanzinstrumente nach KWG.
Zu unterscheiden sind zudem Kryptowertpapiere und Security Token. Letztere stellen (digitale) Wertpapiere im aufsichtsrechtlichen Sinne dar und können grundsätzlich durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister in ein Kryptowertpapier umgewandelt werden.
VII. Beispielhafter Anwendungsfall
Ein beispielhafter Use Case für das Kryptowertpapier könnte die Emission einer festverzinslichen Anleihe als Commercial Paper sein (unerheblich ob prozent- oder stücknotiert, ggf. auch mit eingebetteten Optionen als Wandelanleihe oder als stücknotiertes Zertifikat). Die (noch) eingeschränkte Fungibilität aufgrund weniger Marktteilnehmer und mangelnder Börsenzulassung von Kryptowertpapieren könnte für den Emittenten insofern von Vorteil sein, dass er eine geringe Handelsaktivität wünscht oder sogar ein Halten des Investors bis zum Auslaufen der Anleihe.
VIII. Fazit
Kryptowertpapiere als Form des digitalen Wertpapiers sind eine spannende neue Form der Geldanlage, da sie sich sowohl hinsichtlich Emission und Verwahrung, als auch im Trade und Post-Trade von verbrieften Wertpapieren unterscheiden können. Kryptowertpapiere auf DLT-Grundlage bieten diverse Vorteile hinsichtlich Tradings, Clearings und Settlements (weniger Intermediäre, verringertes Kontrahentenrisiko, geringe Abwicklungskosten etc.). Dabei gilt es zu beachten, dass alle Vorteile bislang größtenteils theoretischer Natur sind, die sich in der Praxis erst noch bewähren müssen. Denn nur wenn die Emission und der Handel von Kryptowertpapieren rechtssicher ist, wird sich die neue Anlageform durchsetzen. Da Kryptowertpapiere nach dem eWpG nicht auf einem geregelten Markt, sondern nur OTC gehandelt werden können, fehlt Transparenz und Rechtssicherheit im Markt. Es bleibt daher abzuwarten, inwiefern Kryptowertpapiere in der Praxis angenommen werden.
Zudem sind noch einige Herausforderungen zu überwinden (ausstehende konkretisierende Rechtsverordnungen, Datenschutz, Marktfragmentierung) und es bleibt fraglich, ob Startups und kleinere Unternehmen die regulatorischen Hürden des Markteintritts überhaupt bewältigen können. Spannend zu beobachten wird sein, welche konkreten Use Cases sich am Markt etablieren werden und welche Rolle Clearinghäuser und Zentralverwahrer im Hinblick auf DLT und Kryptowertpapiere einnehmen werden. Auch hinsichtlich DLT-Architektur sind noch viele Fragen offen und es bleibt abzuwarten, welche sich letztlich am Markt etablieren wird.
Gastbeitrag von Frank Thole, Partner, Svenja Brinkmann, Senior Consultant und Amadeus Maximilian Gryger, Consultant WEPEX Unternehmensberatung