Chinas Tech-Riesen im Visier der Regulierungsbehörden

30.08.2021

Hagen Ernst, stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement bei der DJE Kapital AG / Foto: © DJE

Mehr Datenschutz und -hoheit

Wie in den USA und Europa soll auch in China der Datenschutz zukünftig wichtiger, das Sammeln und Auswerten von Daten dagegen restriktiver werden. Zudem will Chinas Führung die volle Kontrolle über alle Daten, die in den Unternehmen gesammelt werden. Daher sieht die chinesische Regierung vor allem Börsengänge chinesischer Firmen im Ausland – besonders in den USA – sehr kritisch. Man hat Angst, dass chinesische Daten abgegriffen werden könnten, und will daher die Datenspeicherung im Ausland erschweren bzw. verhindern.

Jüngstes Beispiel hierzu ist der Fahrdienstleister Didi, auf den 80 Prozent Marktanteil in China entfallen: Kurz nach dessen Börsengang in den USA sperrte man die Didi-App für Neukunden, angeblich aus Sicherheitsgründen. Um ein Exempel zu statuieren, kündigten die chinesischen Regulierungsbehörden dem Unternehmen zudem harte Strafen an. Die Geldstrafe könnte noch höher ausfallen als die jüngst wegen Wettbewerbsverstößen gegen Alibaba verhängte Rekordsumme von rund 2,4 Mrd. US-Dollar. Damit wäre ein Großteil der Einnahmen aus dem Börsengang verloren. Auch WeChat war zuletzt aus Datenschutzgründen eine Zeit lang für Neukunden gesperrt – ist aber inzwischen wieder geöffnet.

Faire Löhne für Essenslieferanten

Soziale Gerechtigkeit und Gemeinwohl: Diesen übergeordneten Zielen will die chinesische Regierung wieder mehr Geltung verschaffen. Die Regulierungen zielen daher darauf ab, die enormen Profite einzelner Konzerne einzudämmen und wenn möglich zu resozialisieren, so dass auch die breite Gesellschaft daran teilhat. So wurde Meituan, der Platzhirsch unter den Online-Essenslieferdiensten in China, dazu aufgefordert, seine Fahrer besser zu vergüten. Meituan muss ab sofort sicherstellen, dass die Fahrer wenigstens den Mindestlohn erhalten. Die Meituan-Aktie gab daraufhin stark nach – im Grunde übertrieben, denn als Marktführer dürfte Meituan die gestiegenen Auslieferungskosten relativ einfach an die Kunden weitergeben können. Aber nicht nur in China wird dieses Segment zunehmend reguliert: Erst Anfang August befand das oberste Gericht des US-Bundesstaates Kalifornien, dass die Fahrdienstleister Uber und Lyft ihren Fahrern künftig Mindestlohn bezahlen und sie anstellen müssten, statt sie als unabhängige Subunternehmer für sich arbeiten zu lassen.

Nachhilfe – nur noch gemeinnützig

Eine neue Dimension an Regulierungsschärfe erreichte die chinesische Regierung mit ihrer jüngsten Ankündigung zum sogenannten „Edu“-Markt: Nachhilfe- und Fortbildungen für Kinder zwischen Kindergarten und 9. Schulklasse dürfen nur noch gemeinnützig und nicht mehr profitorientiert angeboten werden. Damit lösten sich die bis dato erfolgreichen Geschäftsmodelle der chinesischen Bildungsanbieter, darunter die TAL Education Group, Gaotu Techedu oder New Oriental Education, quasi in Rauch auf. Diese Ankündigung veranlasste ausländische Investoren, chinesische Technologiewerte abzustoßen: Mehr als 16 Mrd. US-Dollar an Marktkapitalisierung wurden allein bei Education-Aktien ausradiert. Wahrscheinlich hatte niemand derartige Eingriffe auf der Agenda, die zur Verstaatlichung einer ganzen Industrie führen.

Wie die weitere Entwicklung der chinesischen Technologiewerte einzuschätzen ist, lesen Sie auf Seite 3