Berufsunfähigkeitsversicherung: Darlegung der Berufsunfähigkeit eines Schornsteinfegers (LG Leipzig)

25.11.2021

Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB / Foto: © Jöhnke und Reichow Rechtsanwälte

Das Landgericht Leipzig  hatte sich mit der Frage zu befassen gehabt, ob dem Versicherungsnehmer, der als Schornsteinfeger tätig war, auch dann ein Leistungsanspruch gegen den Versicherer zusteht, wenn er keine hinreichenden Tatsachen dazu vorgetragen hat, bis wann die behauptete Höhenangst seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt hat. Insbesondere hat sich dabei das LG damit zu beschäftigen gehabt, ob ein relevanter Vergleichszeitpunkt zur Bemessung der Berufsunfähigkeit vorgelegen hat (LG Leipzig, Urteil vom 18.01.2021 – 3 O 1774/19).

 Der Sachverhalt vor dem LG Leipzig

Der klagende Versicherungsnehmer begehrt von der beklagten Versicherung die Zahlung rückständiger Leistungen aus Berufsunfähigkeitsversicherung sowie die Beitragsfreistellung, darüber hinaus die Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente aus den beiden Versicherungsverträgen. Der Versicherte absolvierte eine Ausbildung als Schornsteinfeger. Danach war er als Schornsteinfeger beruflich tätig. Sodann wurde er Schornsteinfegermeister und war anschließend als Bezirksschonsteinfeger tätig.

Bei dem Versicherungsnehmer wurden mit amtsärztlichem Gutachten u. a. Akrophobie (Höhenangst), Schwindel und eine Minderung des Leistungsvermögens im bisherigen Beruf als Schornsteinfeger im Umfang von 100% festgestellt.  Aufgrund der eingetretenen Höhenangst sei der Kläger seit November 2016 berufsunfähig, weil jedenfalls von da an festgestanden habe, dass er seine berufliche Tätigkeit wie in gesunden Tagen nicht mehr habe aufnehmen können, so dass ihm die geltend gemachten Zahlungsansprüche seit dem Monat Dezember 2016 zustünden. Dem Kläger sei es auf Dauer unmöglich als Schornsteinfegermeister tätig zu sein, weil er jegliche Arbeiten in Höhe nicht mehr ausführen könne. Auch wenn seine bisherigen Dachtätigkeiten addiert nicht 50% der Gesamttätigkeit erreichten, sei zu berücksichtigen, dass die Arbeiten am Boden nicht ohne die Tätigkeiten auf dem Dach beauftragt würden.

Im März 2017 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit bei der Beklagten. Im August 2017 wies der Versicherer ihre Einstandspflicht hinsichtlich beider Berufsunfähigkeitsversicherungen zurück. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage bereits unschlüssig sei, weil der Kläger nicht vollständig zu seinen beruflichen Tätigkeiten und sonstigen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit vorgetragen habe.

Überdies liege keine Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen vor. Auch genüge der Kläger seiner Darlegungslast zu einer etwaigen Umorganisation nicht. Er habe insbesondere darzulegen und zu beweisen, wie die Betriebsstruktur zu welchen Zeiten war und wer auf welche Art und Weise gearbeitet habe. Weshalb eine Umorganisation wirtschaftlich nicht zumutbar sein sollte, lege der Kläger nicht zureichend dar. Daneben fehle es auch an ausreichender Darlegung dazu, wie sich die vom Kläger behaupteten Beschwerden konkret auf seine beruflichen (Teil-)Tätigkeiten ausgewirkt hätten. Es erschließe sich insbesondere nicht, dass durchgängig Höhenangst oder Schwindel vorgelegen hätten und dass deshalb gewissermaßen die früheren Arbeiten in ihrer Gesamtheit nicht mehr ausführbar gewesen seien.

Gegen die Leistungsablehnung richtet sich nunmehr die Klage des Versicherungsnehmers.

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