Trump sorgt für Unruhe – Europa erstarkt

24.04.2025

Lars Murek. Foto: © Portfolio Concept

Im ersten Quartal 2025 haben sich die Vorzeichen an den Märkten gedreht: Europäische Aktien zogen deutlich an – der DAX gewann elf Prozent, der Euro STOXX acht Prozent. US-Märkte gerieten dagegen unter Druck. Der nachlassende Rückenwind durch die USKonjunktur, neue Zollängste und die Kurskorrekturen bei Technologieriesen wie Nvidia und Apple infolge des „Deepseek-Schocks“ belasteten die Wall Street.

Die aggressive Zollpolitik der Trump-Regierung, insbesondere die Ankündigung drastischer Importzölle auf EU-, Schweizer, japanische und chinesische Produkte Anfang April, hat die Märkte schwer getroffen. Sollte es bei den angekündigten Zollsätzen bleiben, drohen global wirtschaftliche Belastungen und Inflationsdruck. Gegenzölle wären kaum vermeidbar. Parallel wirkt das neue „Department of Government Efficiency“ (DOGE) mit rigorosen Kürzungen bei Behörden und Subventionen zusätzlich dämpfend auf den US-Konsum. Oxford Economics prognostiziert einen Rückgang von 200.000 Stellen im öffentlichen Dienst bis Jahresende.

Eine US-Rezession ist nicht ausgeschlossen – aber aus unserer Sicht nicht wahrscheinlich, solange keine Eskalation im Handelskonflikt folgt. Trump dürfte spätestens zur Halbzeitbilanz seiner zweiten Amtszeit keine schwere Konjunkturdelle riskieren wollen. Positiv: Die Konsolidierung der Staatsausgaben kann das hohe Haushaltsdefizit reduzieren und die Renditen für US-Staatsanleihen stützen. Langfristig könnte Deregulierung und Steuererleichterung Impulse bringen.

Geopolitisch markiert Trump eine Zäsur: Rückzug aus globaler Führungsrolle, Abkehr vom Freihandel. Die EU antwortet mit einem historischen Rüstungspaket. Das geplante Sonderbudget von 650 Mrd. Euro über vier Jahre, flankiert durch Investitionen der Europäischen Investitionsbank und privaten Kapitals, markiert den Einstieg in eine neue sicherheitspolitische Phase. Deutschland geht voran: Noch vor Regierungsbildung hat Kanzler Merz ein Sondervermögen von 500 Mrd. Euro für Infrastruktur und Klima initiiert – die Schuldenbremse wurde de facto ausgehebelt. Das Paket entspricht rund 2,25 Prozent des BIP. Angesichts jahrzehntelangen Investitionsstaus ist das sinnvoll, birgt jedoch Inflationsrisiken, etwa durch den angespannten Arbeitsmarkt.

An den Anleihemärkten haben Investoren die fiskalischen Pläne eingepreist: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg von zwei auf fast drei Prozent. Baukosten steigen, Investitionen werden teurer. Gleichzeitig wächst die Unsicherheit über mögliche EUGegenzölle. Bis konkrete Auswirkungen absehbar sind, bleiben Märkte in Wartestellung.

Notenbanken agieren derzeit im Spannungsfeld zwischen Wachstumsabschwächung und Inflation. Die EZB hat den Leitzins auf 2,25 Prozent gesenkt, ist aber vorsichtig angesichts des fiskalischen Stimulus in Deutschland und des drohenden Zollschocks. Weitere Zinsschritte bleiben abhängig von Inflationsdaten.

In den USA ist die Lage ambivalent. Die US-Konjunktur zeigt erste Schwächen, die Inflation könnte durch Importzölle jedoch neuen Schub bekommen. Jerome Powell hat zuletzt betont, dass zollbedingte Preissteigerungen nur temporär seien – eine Sichtweise, die an die Unterschätzung der Post-Corona-Inflation erinnert. Die Fed dürfte deshalb vorerst auf Sicht fahren, beobachtet aber mögliche Verwerfungen genau. Der Markt hat Zinssenkungserwartungen zuletzt etwas zurückgenommen.

Die Unsicherheit dämpft Investitionsfreude. Zahlreiche US-Unternehmen äußerten sich in den Q1-Konferenzen skeptisch zu den Geschäftsaussichten – Stichwort: „Zölle“. Der Risikoappetit bleibt gedämpft, die Bewertungen mittlerweile auch in Europa sind ambitioniert: Exklusive Banken und Deep Cyclicals handelt der Euro STOXX mit einem 2025er-KGV von 18. Europäische Banken liegen mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von eins rund 40 Prozent über dem historischen Durchschnitt. Rückschläge sind daher wahrscheinlich – besonders bei Eskalation im Handelskonflikt.

Wir bleiben defensiv positioniert. In Europa setzen wir auf Substanz- statt Zyklikerwerte. In den USA nutzen wir Rücksetzer bei Finanzwerten selektiv, haben TechGewichte jedoch leicht reduziert. Unternehmensanleihen bieten noch akzeptable Risikoprämien, US-ABS ergänzen defensiv. Unsere hohe Goldquote behalten wir bei – gestützt durch geopolitische Risiken, sinkende US-Renditen und einen schwächeren Dollar. Gewinnmitnahmen bei Rallyes dürften zunehmen – deshalb gilt: Qualität vor Euphorie.

Marktkommentar von Lars Murek, CIO, Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH.