Nichtangabe von Vorschäden bei Schadensmeldung

22.08.2023

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Ein Versicherungsnehmer behauptete, dass sein versichertes Fahrzeug gestohlen worden sei. Er wandte sich bzgl. des Ausfüllens der Schadensanzeige an seinen Ansprechpartner in Versicherungsangelegenheiten, da er selbst nur sehr unzureichend deutsch sprach. Gemeinsam füllte man daraufhin die Schadensanzeige des Versicherers aus.

Die Frage, ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Diebstahls bereits Mängel oder Schäden hatte, wurde im Rahmen der Schadensanzeige verneint. Wie der Versicherer im Nachhinein feststellte, bestanden aber sehr wohl Vorschäden. Der Versicherer verweigerte daraufhin die Leistung aus der Kfz-Versicherung.

Der Versicherungsnehmer stellte sich auf den Standpunkt, dass er das Schadensformular so verstanden habe, dass nur Schäden anzugeben seien, die innerhalb des laufenden Versicherungsvertrages entstanden seien. Er klagte daraufhin gegen den Kfz-Versicherer. Das Landgericht Hamburg wies die Klage des Versicherungsnehmers jedoch ab.

Daraufhin argumentierte der Versicherungsnehmer, dass sein Ansprechpartner in Versicherungsangelegenheiten gewusst habe, dass der vorherige Versicherer den Versicherungsvertrag wegen zahlreicher Unfälle gekündigt habe. Deshalb hätte man ihn beim Ausfüllen des Schadensformulars darauf hinweisen müssen, dass sämtliche Vorschäden anzugeben seien. Er begehrte daraufhin Schadensersatz von dem Versicherungsmakler, welcher sich nach Auffassung des Versicherungsnehmers das Verhalten des Ansprechpartners zuzurechnen hatte. Der Versicherungsmakler wehrte sich gegen die Inanspruchnahme mit der Begründung, dass eine Zurechnung des Verhaltens des Ansprechpartners ausscheide. Zudem habe der Versicherungsmakler und der Ansprechpartner selbst erst Monate nach dem angeblichen Diebstahl von den Vorschäden des Kfz erfahren.

LG Hamburg verneint Falschberatung

Das Landgericht Hamburg wies die Klage des Versicherungsnehmers ab. Das Gericht ließ dabei offen, ob das Verhalten des Ansprechpartners dem Versicherungsmakler zurechenbar war. Jedenfalls war das LG Hamburg der Ansicht, dass der Versicherungsnehmer der Beweis der Pflichtverletzung aus dem Maklervertrag nicht gelungen sei und daher bereits kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Versicherungsmakler bestehe.

Zwar sei die Schadensanzeige gemeinsam ausgefüllt worden, jedoch konnte der Versicherungsnehmer nicht nachweisen, dass der Ansprechpartner die Angaben der Schadensanzeige bewusst wahrheitswidrig tätigte. Der Versicherungsnehmer und seine als Zeugin vernommene Ehefrau behaupteten zwar, dass der Ansprechpartner von den Unfällen gewusst und auch die vorherigen Unterlagen gesehen habe. Das Landgericht Hamburg hielt die Aussagen des Versicherungsnehmers und seiner Frau jedoch nicht für ausreichend, die glaubwürdige Aussage des Ansprechpartners, der ebenfalls als Zeuge vernommen worden war, zu entkräften. Der Versicherungsnehmer blieb für seine Behauptung daher beweisbelastet.

Fazit zur Entscheidung des LG Hamburg

Das Urteil des LG Hamburg zeigt wieder einmal welche gravierenden Auswirkungen die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auf den Ausgang von Haftungsprozessen – auch gegen Versicherungsmakler – haben kann. Weitere Informationen zur Maklerhaftung finden Sie unter Die Haftung des Versicherungsmaklers

Kolumne von Rechtsanwalt Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht & Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht