„Aus sozialpolitischer Sicht wäre das Provisionsverbot eine Katastrophe“
15.02.2024
Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Foto: BVK
Die Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission und die EU-Kleinanlegerstrategie schwebt wie ein Damoklesschwert über der Makler-Branche. Im Interview spricht Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) mit Markus Hofelich, Ressortleiter Versicherungen bei finanzwelt über den aktuellen Stand der Dinge, die rückläufige Zahl der Versicherungsmakler und die wichtigsten Ziele des BVK in diesem Jahr.
Herr Heinz, welche zentralen Ziele haben Sie sich für 2024 gesetzt?
Michael H. Heinz: Das wichtigste Ziel bleibt auch im kommenden Jahr ein generelles gesetzliches Provisionsverbots auf europäischer Ebene im Rahmen der Kleinanlegerstrategie (RIS) zu verhindern. Wir werden uns insbesondere weiterhin für Klarstellungen für Versicherungsmakler einsetzen, die aus unserer Sicht ohnehin nicht von einem Verbot betroffen sind. Unser generelles Ziel ist es, eine zunehmend überbordende Regulierung der Vermittler zu verhindern.
Bei der Reform der privaten Altersvorsorge setzen wir uns weiter für den Riester-Bestandsschutz ein. Wir setzen uns dafür ein, dass die Vermittler mit ihrer Expertise weiterhin zentraler Ansprechpartner für die Kunden bleiben. Den bevorstehenden gesetzlichen Reformprozess werden wir weiterhin eng begleiten. Der BVK will dabei weiterhin zentraler Ansprechpartner für die Politik bleiben und die Interessen der Vermittler noch stärker vertreten. Dazu braucht es auch die Solidarität der Vermittler.
Als weiteres zentrales Ziel wollen wir die Wahrnehmung des BVK im Vermittlermarkt ausbauen und dabei insbesondere unser Maklerprofil schärfen. Unser Ziel ist unsere Stellung als größter Maklerverband zu behaupten und möglichst auszubauen.
Wie ist der aktuelle Stand der Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission und die EU-Kleinanlegerstrategie?
Heinz: Wir begrüßen, dass nach aktuellem Stand kein generelles Provisionsverbot mehr angestrebt wird. Die Abstimmung über die Verhandlungsposition des Europäischen Parlaments zur Retail-Investment Strategie im Ausschuss für Wirtschaft und Währung ist für den 20. März vorgesehen. Die belgische Ratspräsidentschaft strebt an, noch vor Ende ihrer Amtszeit eine so genannte „Allgemeine Ausrichtung“ im Rat zu erreichen. Derzeit sieht es danach aus, dass die Trilogverhandlungen zur RIS bis zur Europawahl im Juni nicht mehr zu einem Abschluss gebracht werden können. Der BVK wird die weiteren Entwicklungen weiterhin eng begleiten.
Welche Auswirkungen hätte ein Provisionsverbot der Versicherungsvermittler aus sozialpolitischer Sicht?
Heinz: Aus sozialpolitischer Sicht wäre ein Provisionsverbot eine Katastrophe. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass gerade Kleinanleger und einkommensschwache Schichten auf Beratung aus Kostengründen verzichten. Angesichts der wachsenden Rentenlücke ist private Vorsorge jedoch wichtiger denn je. Daher wäre es sozialpolitisch unverantwortlich, die Vermittler als Experten durch ein Provisionsverbot vom Markt zu drängen. Beratung ist wichtig und muss angemessen entlohnt werden. Ein Provisionsverbot würde dem Verbraucherschutz hingegen einen Bärendienst erweisen.
Wie ist der Stand der geforderten Reformen bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge?
Heinz: Bisher gibt es hier leider kaum Neues zu berichten. Der BVK hat seine Vorschläge (frühzeitig) in die Fokusgruppe Altersvorsorge eingebracht. Dennoch lässt ein Gesetzentwurf zur Reform bisher auf sich warten. Wir haben die große Befürchtung, dass auch in dieser Legislaturperiode kein politischer Durchbruch beim Thema erzielt werden kann.
Bei der betrieblichen Altersvorsorge arbeitet das Bundesarbeitsministerium (BMAS) laut Medienberichten offenbar an einem Gesetz, das eine weitere Öffnung des Sozialpartnermodells vorsieht. Es soll in der betrieblichen Altersversorgung reine Beitragszusagen ermöglichen. Ein Referentenentwurf liegt uns jedoch auch hier noch nicht vor.
Seit Anfang 2022 verfügt der BVK zusätzlich über ein eigenes Büro in Brüssel. Warum ist das so wichtig und welches Zwischenfazit ziehen Sie heute?
Heinz: Der Schwerpunkt unserer politischen Interessenvertretung hat sich in den letzten Jahren zunehmend nach Brüssel verlagert. Daher war es folgerichtig, auch ein Büro vor Ort einzurichten. Zudem konnte mit dem Büro die Zusammenarbeit mit unserem europäischen Dachverband BIPAR gestärkt werden. Die Einrichtung des Büros hat sich auch für die Durchführung von Gesprächsterminen und Veranstaltungen bereits sehr bewährt.