Wieder auferstanden?

01.03.2021

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Value-Investing ist keine neue Wissenschaft; die Wurzeln reichen bis in die Anfänge des letzten Jahrhunderts zurück und sind untrennbar mit dem Wirtschaftswissenschaftler Benjamin Graham verbunden. Er entwickelte die sogenannte Dividendenstrategie. Noch heute sind viele Investoren davon überzeugt, dass die Dividendenrendite als Auswahlkriterium zur Umsetzung der Value-Strategie ausreicht. Eine hohe Dividendenrendite dieser Titel bietet zudem einen gewissen Schutz vor Korrekturen im Markt. Doch ist die Bewertung, sprich sind günstige Aktien immer einen Kauf wert? Nein, stellt André Schettler, Senior Portfoliomanager BKC Asset Management, in seinem Marktkommentar „Value-Chancen nutzen im Jahr 2021“ fest. „Bereits Warren Buffett wusste, dass es Bewertungsfallen, sogenannte Value Traps, zu vermeiden gilt. An erste Stelle stellt er die Qualität des Unternehmens, dann erst erfolgt die relative Bewertung. Viele Bewertungsfallen haben sich durch die Corona-Krise offenbart. Aktien von Unternehmen, die bereits auf einem vermeintlich günstigen Bewertungsniveau lagen, wurden noch ‚günstiger‘, beispielsweise die Öl- und Gasindustrie, Banken, der stationäre Einzelhandel und die Automobilbranche“, so Schettler. Ob ein Titel unterbewertet ist oder nicht, dies ergibt sich dabei erst aus der detaillierten Auseinandersetzung mit verschiedenen Kennzahlen, Geschäftsberichten und der genauen Kenntnis des jeweiligen Marktes. Darüber hinaus ist es wichtig herauszufinden, ob das Geschäftsfeld, in dem die Firma tätig ist, eine echte Chance hat, in zehn Jahren noch so erfolgreich zu sein wie heute. Nestlé ist ein gutes Beispiel. Johnson & Johnson aus den USA stehen auch auf der Kaufliste von Value-Investoren und auch die deutsche Merck-Aktie ist als defensives Investment attraktiv. Aber auch die teilweise arg geschüttelten Finanzwerte dürften bei einer Renaissance dieser Werte unter Umständen gut abschneiden. Finanzwerte werden in Maßen von der steileren Zinskurve profitieren. „Auch die Erwartung, dass die zukünftigen Kreditausfallraten nicht ganz so hoch sein werden wie zunächst vermutet, und eine anstehende Fusions-/Übernahmewelle in Europa im Jahr 2021 sollten unterstützend wirken“, so StarCapital-Experte Schlumberger. Gleichzeitig könne das größte Value-Potenzial vor allem darin bestehen, in bestimmten Unternehmen nicht investiert zu sein, insbesondere wenn diese Unternehmen und Geschäftsmodelle im Umbruch und Wandel ständen“, wirft Portfoliomanager Schettler abschließend ein. Zu bedenken ist auch, dass politische Spannungen oder Komplikationen bei der Impfstoffverteilung eine Sektorrotation immer noch nachhaltig vereiteln könnten. (ah)

Fazit Nach Jahren des Schattendaseins gibt es für Value-Investoren wieder etwas Rückenwind. Ob allerdings eine vollständige Sektorrotation von Growth (Wachstum) zu Value (Substanz) eintritt, ist derzeit noch ungewiss. Europäische Value-Fonds wie der Industria A EUR (Allianz Global Investors), Schroder ISF European Value A Acc oder JPMorgan Europe Strategic Value Fund A schlossen die vergangenen Monate gut ab.