Wie InsurTechs die Versicherungsbranche modernisieren
22.09.2021
Max Bachem, CEO der Coya AG / Foto: © Coya
Größere Finanzierungsrunden und mehr Risikokapital
Mit Blick auf Marktanteile, Bewertungen und Größe der Finanzierungsrunden haben die Neobanken den InsurTechs einiges voraus. Insbesondere in den letzten zwei Jahren hat im FinTech-Bereich eine rasante Entwicklung stattgefunden. Allerdings holen die Neoversicherer auf: Auch hier werden die Investitionsrunden größer und es finden erste Börsengänge statt. In den USA haben Lemonade, Metromile, Root und Hippo bereits große IPOs realisieren können, aber auch in Europa sehen wir erste Insurtech-Unicorns. Dies ist ein Signal dafür, dass die Branche inzwischen reifer geworden ist. Investoren erkennen und fördern das Potential der Startups, denn sie agieren in einem globalen 5.000 Milliarden USD Versicherungsmarkt, der viel Optimierungspotential aufweist.
Viele Full-Stack-InsurTechs – das sind Neoversicherer mit eigener Versicherungslizenz – haben inzwischen ihren Product-Market-Channel-Fit gefunden und erfolgreiche Wachstumsstrategien etabliert. Die meisten dieser InsurTechs konnten auch während der Pandemie ein starkes Kundenwachstum realisieren. Während die Deutschen lange Zeit noch zurückhaltend bei der Nutzung digitaler Kanäle und Dienstleistungen waren, haben Verbraucher:innen über alle Altersgruppen hinweg während der Pandemie zunehmend digitale Dienstleistungen und Kanäle genutzt und die Vorteile kennengelernt. Aktuelle Zahlen zeigen (z.B. dw oder RND), dass auch nach Corona-Lockerungen Services wie Amazon, Lieferheld und Gorillas vermehrt genutzt werden. Das heißt also: Convenience gewinnt und digitale Services sind keine Nischenprodukte für tech-affine Millennials und Gen Z mehr, sondern Mainstream.
Somit ist auch die Prognose für eine digitale Versicherungsbranche sehr positiv. Kunden nutzen für Ihre Absicherung zunehmend digitale Kanäle und Services; technologie-starke Versicherungen können durch Digitalisierung und die Nutzung von Daten Wettbewerbsvorteile und Effizienzgewinne realisieren. Auch komplexere Produkte, bei denen ein automatisiertes Underwriting und Verkauf vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen ist, können heute in Echtzeit bezüglich der Risiken evaluiert und bepreist werden. Das gilt insbesondere durch die Nutzer:innen neuer und vor allem auch mehrerer Datenpunkte, die automatisch erhoben und nicht mehr manuell eingegeben werden müssen. Ganz klar also ein Vorteile der Digitalisierung die Kund:innen und Versicherer.
Auf Grund der zunehmenden Wettbewerbsvorteile digitaler Versicherer, insbesondere Insurtechs, rechne ich künftig auch mit weiteren und noch größeren Finanzierungsrunden von InsurTechs mit starken Wachstumsprognosen, Technologien und kosteneffizienten Strukturen. Das zunehmende Interesse sowohl von Finanz- als auch strategischen Investoren ist in der ganzen Branche spürbar. Das macht sich besonders durch den Umfang von Finanzierungsrunden bemerkbar.
Ungeachtet der Chancen, die sich den InsurTechs im deutschen Markt ergeben, sind dennoch eine Vielzahl von Start-ups gescheitert. Ein Grund dafür ist falsches Timing oder auch ein zu kleiner Markt. Einer der Hauptgründe, warum einige Geschäftsmodelle sich nicht durchsetzen können: Die jungen Startups haben ihre Wachstumsstrategie nicht ausreichend geplant. Während alles mit dem Verständnis der Kundenbedürfnisse beginnt, kommt es beim anschließenden Wachstum darauf an, die Customer Journey zu verstehen und dem Kunden das zu bieten, was er braucht. InsurTechs müssen die Antworten auf folgende Fragen kennen: Was sind die Pain-Points, wie können wir sie lösen, welche Art von Dienstleistungen benötigen die Kunden und vor allem, wo würden sie nach weiteren Informationen und Hilfe suchen? Um daher nachhaltig erfolgreich zu sein, muss man nicht nur die richtige Vision und die richtige Strategie entwickeln, sondern letztere auch umsetzen.
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