Was man im Jahr 2035 aus dem E-Geld-Boom gelernt hat
12.07.2019
Thomas Wüst, Geschäftsführer valorvest Vermögensverwaltung / Foto: © valorvest
Erste Einschläge blieben folgenlos
2026 kam es dann zu einem ersten Einschlag, als durch die Pleite eines global tätigen Handelsunternehmens, das sich erfolglos gegen die Marktmacht der neuen Währung stemmte, plötzlich ein Prozent des Geldes des Reservefonds, die in betroffenen Anleihen investiert waren, weg war. Denn der Zusammenbruch eines global tätigen Konzerns hatte auch den Zusammenbruch einer ganzen Lieferkette zur Folge. Dennoch war diese Entwicklung ein Game Changer. Denn parallel dazu hatte der Plattformkonzern längst Gefallen an der neuen Machtposition im Finanzsektor gefunden und von den ursprünglich 100 Partnern bereits 76 aufgekauft, wodurch man in der „unabhängigen“ Organisation über eine qualifizierte Mehrheit verfügte. So war dann auch die Insolvenz des globalen Handelsunternehmens für die unabhängige Organisation ein weiterer Glücksfall, konnte er sich doch als mächtigster Gläubiger große Teile des globalen Handelskonzerns und dessen Lieferkette sichern, was zu einer weiteren Festigung der Marktmacht führte.
Wenn eine Pleite zum Glücksfall wird
Von diesem „Glücksfall“ berauscht, wurde der Reservefonds weiter kräftig in Richtung Unternehmensanleihen umstrukturiert, um dort als Gläubiger Druck zu machen, wo es noch Lücken im Konzernportfolio gab. Da das neue E-Geld bei den Konsumenten bedingt durch die Einfachheit der Transaktionen und der Bonusprogramm ein hohes Vertrauen genoss, fand diese Umstrukturierung kaum Beachtung. Für den Reservefonds war es ein Spiel ohne Risiko.
Weitere Machtkonzentration
Im Jahr 2027 war die vormals unabhängige Organisation komplett in den Plattformkonzern integriert, der dadurch seine globale Marktmacht weiter ausbaute und bei Gläubigerversammlungen regelmäßig als dominanter Player am Verhandlungstisch saß – nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei Staaten, was dem Konzern auch entsprechenden politischen Einfluss sicherte.
Währungskursschwankungen
Durch die neue Preisfestsetzungsmacht in oligopolistischen Märkten waren die Bonusprogramme, die zuvor noch Wechselkursschwankungen abgefedert hatten, längst Geschichte. Dadurch kamen Währungsschwankungen an den Devisenmärkten nun direkt bei den Konsumenten und im Handel an, der darauf mit flexiblen Preisen reagierte und somit die Währungsrisiken an den Devisenmärkten 1:1 auf die Konsumenten übertrug. Dadurch kam es zu ersten Unmutsäußerungen von Verbraucherschutzverbänden, die aber angesichts der Marktmacht des Plattformkonzerns schnell verpufften.
Welcher große Schock das System schließlich zum Einsturz brachte, lesen Sie auf Seite 4