Was kommt nach dem Crash?
14.04.2020
Ottmar Wolf, Vorstand der FAM Frankfurt Asset Management AG / Foto: © FAM Frankfurt Asset Management AG
Jetzt investiert zu bleiben ist richtig
Dabei zeigt die Historie ohnehin schon, dass „Konjunktur nicht gleich Börse ist“. So sind die Aktienmarkte in früheren Rezessionsphasen immer deutlich gestiegen. Die Börse ist der Konjunktur typischerweise einen Schritt voraus. Dementsprechend finden Crashs in der Regel bereits dann statt, wenn die Wirtschaft noch wächst, und wenn zu einem späteren Zeitpunkt die schlechten Unternehmensmeldungen etc. tatsächlich kommen, hatte die Börse dies schon längst eingepreist und sie nimmt den zu erwartenden Aufschwung vorweg. Auch in Rezessionszeiten kann es somit richtig sein, in risikobehafteten Anlageformen wie zum Beispiel Aktien und Hochzinsanleihen investiert zu sein bzw. investiert zu bleiben (siehe Tabelle).
Zu diesem Ergebnis gelangt auch, wer sich nicht an den Rezessionen, sondern den Crashs der Vergangenheit orientiert. Ausgangspunkt sei hierbei der VDAX-New, der die von den Marktteilnehmern erwartete zukünftige Schwankungsbreite am deutschen Aktienmarkt misst. Er hat sich als sog. „Angstbarometer“ an der Börse etabliert. Immer dann, wenn der VDAX-New die Marke von 55 Punkten erstmals überschritten hat und sich die Aktienpreise damit auf einem gedrückten Niveau befanden (hohe Volatilitäten gehen in der Regel mit fallenden Kursen einher), konnten Aktien und Hochzinsanleihen auf Sicht von 18 Monaten deutliche Wertzuwaächse verzeichnen.
Auffällig ist dabei, dass europäische Hochzinsfirmenanleihen, gemessen am führenden Index „ICE BofAML European Corporate High Yield“, mit einer Durchschnittsperformance von plus 55 Prozent dabei sogar noch besser abgeschnitten haben als Aktien (plus 37 Prozent im Schnitt, gemessen hier am DAX). Dies erklärt sich mit der feststehenden Cash-Flow-Struktur von Anleihen, bei denen die Zinstermine und der Rückzahlungstermin klar vorgegeben sind. Abgesehen von etwaigen Pleitefällen finden diese Zahlungen automatisch statt, weshalb Anleihekurse auch den sog. „Pull-to-Par-Effekt“ aufweisen, also bei näherrückender Endfälligkeit Richtung Nominalwert (100 Prozent) tendieren.
FAZIT: Der Corona-Crash hat massive Einflüsse auf die Realwirtschaft. Volkswirte sprechen von einem gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock. Eine schnelle wirtschaftliche Erholung (das sog. „V“) ist deshalb nicht unser Basisszenario. Realistischer ist vielmehr eine sogenannte „U-förmige“ Erholung, die im zweiten Halbjahr 2020 startet und sich weit ins Jahr 2021 erstrecken wird. Wie gezeigt laufen aber sowohl Aktien als auch Corporate High Yields der volkswirtschaftlichen Entwicklung deutlich voraus. Für Anleger, die sich jetzt nicht entsprechend positionieren, besteht damit die Gefahr, die möglicherweise früher als erwartet einsetzende Erholung an der Börse zu verpassen und den steigenden Kursen – wie eventuell schon zwischen 2003 und 2007 oder auch ab 2009 – von der Seitenlinie aus hinterherzuschauen. Dabei gilt, dass jede sinnvolle Portfoliostrategie immer einen ausreichenden Anlagehorizont benötigt. So kann derzeit wohl niemand erneute Rückschläge bzw. einen Test der jüngsten Tiefstände mit Gewissheit ausschließen. Auf Sicht von 18 bis 24 Monaten, die jeder kluge Investor mindestens mitbringen sollte, dürften gut strukturierte Wertpapierdepots aber signifikant höher notieren als heute.
Kolumne von Ottmar Wolf, Vorstand der FAM Frankfurt Asset Management AG in Frankfurt/ Main
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