Viele Baustellen

02.03.2021

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Nun sind im Hinblick auf die gesetzliche Rente einige, teils einschneidende Änderungen in Gespräch. In der Lebensversicherung gelten völlig neue Garantie-Regeln. Welche Auswirkungen wird all dies auf das Gesamtpaket Altersvorsorge haben? Dr. Thomas Wiesemann, Vorstand Maklervertrieb der Allianz Lebensversicherung, verweist auf eigene Anstrengungen: „Die Menschen spüren, dass finanzielle Sicherheit einen sehr hohen Stellenwert hat. Gleichzeitig ist es wichtig, im Null- und Negativzinsumfeld die chancenorientierten Anlagen in der Altersvorsorge auszubauen. Wir statten deshalb unsere Altersvorsorgeprodukte ab 2021 mit zeitgemäßen Garantien aus.“ Damit erhöhe die Allianz die Freiheitsgrade in der Kapitalanlage. Im Ergebnis könnten so beide zentralen Themen, um die es den Menschen in der Altersvorsorge geht, Renditechancen und Sicherheit, ausgewogen kombiniert werden. Dr. Dr. Michael Fauser, Vorstand der ERGO Deutschland AG und Vorstandschef der ERGO Vorsorge Lebensversicherung, nimmt auch den Staat in die Pflicht: „Es wird auf die richtige Mischung ankommen. Die gesetzliche Rentenversicherung ist die größte Säule der Altersvorsorge und wird es auch bleiben. Darüber hinaus ist es aber sinnvoll und nicht zuletzt aus demografischen Gründen zwingend, auch die betriebliche und die private Säule zu stärken, denn das Absicherungsniveau allein aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist zu niedrig.“ Gerade in der betrieblichen und in der privaten Säule sei Flexibilität sehr wichtig, weshalb ERGO ihre Produktlandschaft genau darauf ausgerichtet habe. Flexibilität sei hier jedoch nur möglich, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen sie erlaubten. Dr. Dr. Fauser: „Zum Beispiel ist dies bei der Riester-Rente aktuell nicht der Fall, weshalb hier eine Reform dringend notwendig ist.“

Garantieniveau ist nicht zu halten

Kann Kapitaldeckung dabei aber wirklich das Allheilmittel sein? Dr. Wiesemann sieht sie eher als Ergänzung: „Wir stehen hinter dem Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge. Mit dem Umlageverfahren allein werden wir die Herausforderung der demografischen Verschiebungen nicht bewältigen.“ Das werde sehr deutlich, wenn man sich bewusst mache, dass die Babyboomer-Jahrgänge in den kommenden Jahren kohortenweise in Rente gehen würden. Zusätzliche, kapitalgedeckte Vorsorge, privat und betrieblich organisiert, sei deshalb essenziell für die nachhaltige Aufstellung des Altersvorsorgesystems in Deutschland. Dr. Dr. Fauser macht aber auch auf die Probleme aufmerksam: „Das gesetzliche Garantieniveau von 100 % der eingezahlten Beiträge und Zulagen ist in Anbetracht des heutigen Kapitalmarkts nicht mehr zeitgemäß, da wir uns in einer extremen Niedrigzinsphase bewegen und es ist weder kurz- noch mittelfristig davon auszugehen, dass sich dies wieder ändern wird.“ Das Garantieniveau müsse daher reduziert und flexibilisiert werden. Anderenfalls würden die Möglichkeiten für langfristige Anlagen mit höheren Renditechancen für die Kunden stark beschränkt. (hdm)