Vertrauen durch Technik?

23.05.2019

Martina Bahl CFA, geschäftsführende Gesellschafterin Bahl Consult GmbH / Foto: © Bahl Consult

In der Studie des CFA Institute sehen die Befragten in der Verwendung von Technologie vor allem die Vorteile geringerer Kosten sowie von mehr Genauigkeit und Kontrolle. Der Mensch selbst wird ihrer Meinung nach weiter eine wichtige Rolle spielen, wenn auch in veränderten Rollen und als Ergänzung zur Technik. Außerdem gehen 64 % der Befragten davon aus, dass vor allem die Anleger selbst in Zukunft eine aktivere Rolle bei der Veranlagung ihres Vermögens einnehmen wollen. Das blinde Vertrauen auf den Fachmann oder die Fachfrau liegt nicht mehr im Trend.

Stattdessen wollen Investoren selbst und aktiv an Entscheidungen teilhaben und werden das Dank vernetzter Plattformen auch immer leichter umsetzen können. Anleger werden Finanzprodukte besser vergleichen können und einfacher und schneller zwischen Anlage- und Finanzierungsformen wechseln als bisher. Die Asiaten sind den Europäern und Amerikanern hier übrigens schon einige Schritte voraus und weisen uns den Weg dahin, wie integrierte Plattformen es schaffen können, beinahe alle Lebensbereiche der Menschen abzudecken, darunter auch den der Geldanlage. Die Platzhirsche sind dabei übrigens keineswegs Banken oder Versicherungen, sondern große Technologiekonzerne wie Alibaba, Baidu und Tencent, die es schaffen, ihren Kunden eine umfangreiche, personalisierte, einfach und überall anzuwendende und dabei schnelle Umsetzung einer Vielzahl an Services zu bieten.

Doch die zunehmende Vernetzung und fortschreitende Automatisierung hat nicht nur Sonnenseiten. Eine sehr ambivalente Position nimmt nicht nur in der Finanzwirtschaft die Frage nach Big Data ein. Persönliche Daten werden massenweise gesammelt, gespeichert, vernetzt und weitergegeben, mit dem erklärten Ziel, persönliche und maßgeschneiderte Angebote an die Bedürfnisse des Einzelnen anpassen zu können. Aber wie sieht es mit der Datensicherheit aus und der Frage, wer wann wie und warum jetzt oder später Zugriff auf unsere Daten haben wird? Da nur 24 % der Befragten der Studie angeben, dass Cybersicherheit in ihrem Unternehmen höchste Priorität genießt, und das im Umkehrschluss bedeutet, dass in 76 % der Unternehmen möglicherweise nachlässig mit der Sicherheit unserer Daten umgegangen wird, wird einem doch etwas mulmig zumute. Dabei stehen wir in der Finanzindustrie erst am Anfang dessen, was mit Big Data möglich ist. Ein ethischer und verantwortungsvoller Umgang mit unseren Finanzdaten ist dabei sicherlich besonders wichtig und wird die Akteure – alte wie neue – an den Finanzmärkten noch vor viele Fragen stellen.  Der technologische Vertrauensbonus könnte sonst im Nu von der Industrie wieder verspielt werden, und das wäre fatal. Denn eines hat sich über die Jahrhunderte und trotz allen Fortschritts nicht geändert: Vertrauen ist und bleibt die Grundlage für jede Finanzberatung!

Gastbeitrag von Martina Bahl CFA, geschäftsführende Gesellschafterin Bahl Consult GmbH