Versicherer erkennt Berufsunfähigkeit wegen Hochstaplersyndrom eines Arztes an

08.11.2024

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Leistungsantrag

Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte beschäftigten sich zu Beginn mit der Frage, ob eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit wegen Hochstaplersyndroms vorliegend einschlägig war und nahmen daher die von dem Arzt beigebrachten Dokumente unter die Lupe. Von einer Berufsunfähigkeit wegen Hochstaplersyndroms hätte ausgegangen werden können, wenn der Arzt seinen Beruf zu wenigstens 50% nicht mehr ausüben konnte. Erreicht die Berufsunfähigkeit nämlich diesen Grad, der sich über die zeitliche Ausprägung der Tätigkeiten, die aufgrund der krankheitsbedingten Erscheinungen nicht mehr geleistet werden können, definiert, wäre gemäß der Versicherungsbedingungen von einer Berufsunfähigkeit auszugehen. Die Bemessung erfolgt anhand der gewöhnlichen Arbeitszeit des Versicherungsnehmers (siehe hierzu: Bemessung des BU-Grades in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)).

Die Rechtsanwälte erachteten den geforderten Grad der Berufsunfähigkeit vorliegend als erreicht, weswegen sie in Zusammenarbeit mit dem Arzt einen Stundenplan entwarfen, der den Berufsalltag des Arztes, inklusive der Auswirkungen des Hochstaplersyndroms auf dessen Tätigkeit, präzise wiederspiegelte (siehe hierzu: Wann liegt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor?). Die ständige Rechtsprechung hält es nämlich für opportun, dem Versicherer sämtliche entscheidungsrelevante Informationen anzuzeigen, siehe hierzu die nachstehenden und einschlägigen Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH):

  • Aufklärung des außermedizinischen Sachverhalts in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)
  • Sachverständiger ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung auf Arbeitsbeschreibung angewiesen! (BGH)
  • Berufsunfähigkeit anhand der letzten Tätigkeit des Versicherten? (BGH)
  • Die Arbeitsbeschreibung bei Berufsunfähigkeit (BGH)
  • Der ausgeübte Beruf des Versicherten bei Berufsunfähigkeit (BGH)
  • Tätigkeitsfeststellung und Vorgabe an Sachverständigen für Berufsunfähigkeit eines Getränkehändlers (BGH)
  • Maßgebende Berufsausübung für die Berufsunfähigkeit (BGH)
  • Anforderungen an die Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)

Nachdem der Stundenplan aufgestellt worden war, konnten die Unterlagen zusammengetragen und der finale Leistungsantrag beim Versicherer eingereicht werden. Der Versicherer erkannte daraufhin die Berufsunfähigkeit wegen Hochstaplersyndroms des Arztes für beide bestehenden Versicherungsverträge an und begann mit der Auszahlung der entsprechenden Berufsunfähigkeitsrente.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.