Verschärfte Bußgeldleitlinien für Unternehmen
06.03.2017
Jörg Baumgartner / Foto: © CMS
Bei der Bemessung der Bußgelder wird die BaFin künftig zweistufig vorgehen:
Zunächst wird anhand der einschlägigen Vorschriften im WpHG der maßgebliche anwendbare Bußgeldrahmen ermittelt.
Dieser bestimmt sich entweder
- nach bezifferten Höchstbeträgen (zum Beispiel bis zu 10 Millionen Euro bei unterlassenen Stimmrechtsmitteilungen),
- nach umsatzbezogenen Höchstbeträgen (zum Beispiel 2 Prozent des letzten Gesamtumsatzes bei Verstößen gegen die Ad-hoc-Pflicht) oder
- nach mehrerlösbezogenen Höchstbeträgen (zum Beispiel das Dreifache des aus dem Verstoß gezogenen Vorteils bei Verstößen gegen die Ad-hoc-Pflicht).
Für Betroffene ist wichtig, dass immer der jeweils höchste der oben genannten Beträge für die Bestimmung des Bußgeldrahmens zur Anwendung kommt.
Bei der anschließenden, konkreten Bemessung (zweite Stufe) der Geldbuße geht die BaFin dann in drei Schritten vor:
- zunächst wird der Grundbetrag anhand der Tatumstände ermittelt,
- in einem zweiten Schritt erfolgt eine Anpassung des ermittelten Betrags mittels täterbezogener Zumessungskriterien und
- zuletzt werden auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen berücksichtigt.
Bei der Festsetzung der Geldbuße hat die BaFin zudem die Möglichkeit, den wirtschaftlichen Vorteil, den der Betroffene aus der Tat erlangt hat, abzuschöpfen. Liegen Milderungsgründe oder aber erschwerende Umstände vor, kann der ermittelte Grundbetrag auch unter- oder überschritten werden.
Als mildernde Kriterien kommen unter anderem in Betracht:
- fahrlässiges oder leichtfertiges Handeln,
- das Ablegen eines Geständnisses,
- Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung,
- Versprechen oder Maßnahmen der Besserung, oder
- eine lange Verfahrensdauer.Verschärfend kann sich unter anderem eine Wiederholungstat oder auch die gesteigerte Uneinsichtigkeit des Betroffenen auswirken.In einem weiteren Teil der Leitlinien spezifiziert die BaFin die Festsetzung der betragsmäßigen Bußgelder für die jeweiligen Verstöße. Dabei werden die Unternehmen nach ihrer Marktkapitalisierung kategorisiert und die Tatumstände von „leicht“ bis „außerordentlich schwer“ eingestuft. Die für die Bemessung des Bußgelds zu ermittelnden Grundbeträge können dann aus Tabellen abgelesen werden.
Die Verhängung von Bußgeldern ist allerdings nur eine der in Frage kommenden Sanktionen. So können Verstöße gegen das neue Marktmissbrauchsrecht (zum Beispiel bei unterlassenen Ad-hoc-Mitteilungen) auch über die dargestellten Bußgelder hinaus präventiv zur Abschreckung durch das sogenannte "Naming and Shaming" geahndet werden. Ergangene Verwaltungssanktionen, also zum Beispiel Bußgeldentscheidungen, können dann grundsätzlich schon vor Rechtskraft unter Nennung des Verstoßes sowie unter voller namentlicher Benennung des Betroffenen auf der Internetseite der BaFin für mindestens fünf Jahre veröffentlicht werden.
Darüber hinaus kommen bei schweren Verstößen auch strafrechtliche Sanktionen durch Gerichte in Betracht. Eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen kann danach eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nach sich ziehen. Im Bereich der Marktpreismanipulation droht beispielsweise demjenigen, der gewerbsmäßig oder in Ausübung seiner Tätigkeit für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder eine Börse handelt, sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.
Die durch die BaFin-Leitlinien geschaffenen Konkretisierungen tragen sicher zu einer besseren Vorhersehbarkeit der Ahndung von Verstößen bei. Um es erst gar nicht zur Verhängung von Strafen kommen zu lassen, sollten Unternehmen, die von den neuen Regelungen betroffen sind, geeignete Compliance-Strukturen implementieren und diese fortlaufend überwachen. Praktisch erforderlich sind vor allen Dingen die Erarbeitung von auf die Erfordernisse angepassten Prozess- und Ablaufbeschreibungen sowie die anschließende Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften.
Kommentar von Jörg Baumgartner, Rechtsanwalt im Bereich Kapitalmarktrecht bei CMS in Deutschland