Veränderung – bewusst und mit Lust
24.11.2021
Konrad Stadler / Foto: © Stadler Schott
Das Jahrzehnt der Veränderungen ist ausgerufen: Klima, Mobilität, Energie … Doch müssen wir uns vor all den anstehenden Veränderungen fürchten? Stehen wir am Abgrund oder vor einer Entdeckungsreise? »Das kommt ganz auf die Sichtweise an. Ob Veränderung zum Trauerspiel oder Gewinn wird, hängt auch von uns selbst ab!«, meint Konrad Stadler. Ein Plädoyer für die Lust an der Veränderung.
Wir schreiten stetig fort
Was wäre das Leben ohne Wandel? Das Leben ist Wandel. Jeder Mensch erlebt das in seiner individuellen Lebensgeschichte. Die Einstellung gegenüber Veränderungen und das Bedürfnis nach Abwechslung ist bei jedem anders. Jedoch können fast alle zustimmen, dass die Bewältigung neuer Herausforderungen einen weitergebracht hat. Dies gilt privat wie beruflich. Hier ist es ein Umzug oder die Gründung einer Familie; dort die Einführung einer neuen Software oder eine Auslands-erfahrung. Der Übergang kann beschwerlich sein. Doch genau dieser nicht einfache Weg erzeugt eine persönliche Entwicklung. Das beste Beispiel ist die Digitalisierung. Die Umstellung gewohnter Abläufe erzeugt zunächst Stress. Wer sich aber darauf einlässt, erlebt bald viele Vorteile. Bestellen, einchecken, die Wettervorhersage – das alles geht in Sekundenschnelle.
Fortschritt war immer das Bestreben nach Verbesserung; man könnte sagen, seit der ersten Zellteilung. Nicht alles ist dadurch gut geworden. Heute erleben wir die negativen Auswirkungen der Industrialisierung und wissen, dass es so nicht weiter geht. Es steht das Lebensmodell der westlichen Zivilisation zur Diskussion. Das macht Angst. Keiner möchte an Wohlstand einbüßen. Es zeigt sich ein Festhalten am Erreichten, ein Klammern an materielle Standards. Aber heißt Fortschritt jetzt nicht, den nächsten Schritt zu gehen, neue Lösungen zu finden, neue Formen des Konsums, eine neue Sicht auf Lebensqualität?
Die Kunst des Loslassens
Die Angst vor Veränderungen hängt mit dem Festhalten am Gewohnten und Herkömmlichen zusammen. Der Gegenmodus ist das Loslassen. Ein einfaches Beispiel ist das Entrümpeln der Wohnung. Jahrelang sammeln sich Gegenstände an. Irgendetwas führt dann dazu, es anzupacken, auszuräumen und sich von Sachen zu trennen. Auf einmal siegt die Lust auf einen Neubeginn über ein Weiter-so. Auslöser kann ein Leidensdruck sein. Die Zimmerpflanze hat alles erdrückt. Es kann eine Begeisterung sein. Die luftige Wohnung der Freunde hat fasziniert. Energie wird frei, neu zu gestalten, Platz zu schaffen, umzustellen, ja: anders zu leben. Das Loslassen des Alten ist die Voraussetzung, um Raum für neue Konzepte, neue Herangehensweisen, neue Erfahrungen zu geben. Eltern tun sich manchmal schwer damit, wenn die Kinder das Haus verlassen. Doch bringt dieses Anhaften weder die Kinder noch die Partnerschaft weiter. Mit der Kunst des Loslassen können viele Probleme aus der Welt geschaffen werden. Aus der Wunscharbeitsstelle ist nichts geworden. Wer sich von der Fixierung darauf lösen kann, ist frei und es ergibt sich etwas Neues. Wir haften an unserem Lebensmodell, so als gäbe es keine Alternative oder zumindest keine attraktive Alternative. Es fehlt oft schlicht die Vorstellungskraft. Deshalb sind kreative Experimente so wichtig.
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