US Aktien: Politische Börsen haben diesmal keine kurzen Beine
10.10.2016
Till Christian Budelmann
Überraschungen bei den bevorstehenden Wahlen in den USA könnten den Aktienmarkt auf breiter Front belasten, meint Till Christian Budelmann, US-Aktienexperte im Berenberg Investment Committee und Fondsmanager des Berenberg Systematic Approach-US STOCKPICKER Fund. Kommt es allerdings zum derzeit wahrscheinlichsten Wahlergebnis, dürften sich Anleger über eine Jahresendrallye freuen, und der Bullenmarkt bei US-Aktien sollte sich im kommenden Jahr fortsetzen. Dazu sollte weniger die Notenbankpolitik, sondern vielmehr die für 2017 erwartete Rückkehr des Gewinnwachstums bei den Unternehmen beitragen. Chancen bieten – dank der Stabilisierung des Ölpreises – vor allem Energietitel.
Normalerweise glaubt Budelmann an den Spruch: „Politische Börsen haben kurze Beine." Der US-Aktienexperte von Berenberg geht jedoch davon aus, dass es diesmal anders ist. Die Wahlen in den USA könnten einen stärkeren Einfluss auf die Aktienmärkte haben. Am 8. November sind die US-Bürger aufgerufen, den Präsidenten, das Abgeordnetenhaus und große Teile des Senats neu zu wählen. „Zwar blicken die Medien vor allem auf die beiden Kandidaten Hillary Clinton und Donald Trump. Wir halten die Wahl des Abgeordnetenhauses aber für viel entscheidender", sagt Budelmann.
Eine kontrollierte Präsidentin Clinton wäre am besten für die Märkte
Grundsätzlich sieht er drei Szenarien. Seiner Ansicht nach ist das beste und zugleich auch das wahrscheinlichste Szenario für die Märkte ein Wahlsieg der Demokratin Clinton, während die Republikaner die Mehrheit im Abgeordne-tenhaus verteidigen. Dann könnte das System der Checks and Balances funktionieren. Diese Kontrollfunktion des Abgeordnetenhauses wäre in dieser Form nicht mehr gegeben, wenn das zweite Szenario eintritt: ein haushoher Sieg Clintons, der indirekt auch zur Machtübernahme der Demokraten im Senat und sogar im Abgeordnetenhaus führt. „Dann könnte sie ihre Politik nahezu unkontrolliert umsetzen. Es würde wahrscheinlich höhere Steuern und mehr Regulierung geben", so Budelmann. Auch das dritte Szenario, ein Wahlsieg Trumps und einen republikanischen Kongress, hält er für problematisch für die Märkte. „Allerdings würden Berater und Abgeordnete Trump sicherlich bei einigen Themen auch etwas bremsen."
Die Wahrscheinlichkeit, dass Clinton neue Präsidentin wird, sieht Budelmann aktuell bei 80 zu 20, dass die Republikaner das Abgeordnetenhaus weiter dominieren ebenfalls bei 80 zu 20 Prozent. Die Chancen für die beiden Parteien im Senat hält er für ausgeglichen.